Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: WLAN-Haftung, ZEIT-Autorenverträge, Anhörungen zur Urheberrechtsnovelle

von , 7.6.10

BGH-Urteil zur WLAN-Haftung veröffentlicht
Vergangene Woche wurden die Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshof (Az. 1 ZR 121/08) über die Haftung für unzureichend gesicherte Drahtlosnetzwerke veröffentlicht. Anders als noch die Pressemitteilung erwarten ließ, enthält das Urteil jedoch kein obiter dictum zu § 97a Abs. 2 UrhG. Außerdem war das Netzwerk im vorliegenden Fall durch ein äußerst komplexes, individualisiertes Standardpasswort gesichert – anders als es die Pressestelle im Vorfeld dargestellt hatte. Insofern stieß die Entscheidung auch auf Kritik: Obwohl das WLAN durch ein sehr langes Passwort gesichert war, bejahte der BGH eine Störerhaftung des Netzwerkinhabers, ohne auf die spezifischen Besonderheiten einzugehen.

Landgericht Hamburg kassiert Autorenverträge des ZEIT-Verlags
Das LG Hamburg hat vergangene Woche mehrere einstweilige Verfügungen gegen den ZEIT-Verlag erlassen, in denen dem Verlag die Verwendung von Buy-Out-Verträgen untersagt wird. In den Verträgen des Verlags war vorgesehen, dass Autoren sämtliche Verwertungsrechte an ihren Werken gegen ein Pauschalhonorar abtreten – auch rückwirkend für bereits veröffentlichte Texte. Auf Antrag des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), der Deutschen Journalisten-Union (dju) und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat das Gericht dem Verlag nun die Verwendung dieser Klauseln verboten. Die Urheber seien an der Verwendung ihrer Werke angemessen zu beteiligen, was durch die bisherigen Verträge nicht gewährleistet sei, hieß es vom LG Hamburg.

BMJ lädt zu Anhörungen über Urheberrechtsnovelle
Ab Ende Juni wird das Bundesjustizministerium mit den Anhörungen zur weiteren Vorbereitung einer erneuten Urheberrechtsnovelle beginnen. Schrittweise sollen dabei Vertreter von Wirtschaft, Behörden und Politik verschiedene Themen erörtern, die auf der Agenda für den „Dritten Korb” stehen, wie etwa das geplante Leistungsschutzrecht für Verlage, Open Access, kollektive Rechtewahrnehmung und verwaiste Werke.

Bundesrat segnet Rechtsgrundlage für Datei „Gewalttäter Sport” ab
Der Bundesrat hat am Freitag einer Verordnung des Bundesinnenministeriums zugestimmt, wodurch eine Rechtsgrundlage für die umstrittene Hooligan-Datenbank „Datei Gewalttäter Sport” geschaffen werden soll. In der Kartei werden Daten von Personen gespeichert, die im Rahmen von Sportveranstaltungen durch Straftaten aufgefallen sind. Zur Erfassung in der Datei reicht derzeit bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens aus. Zugriff auf die Datei haben sowohl die Polizeibehörden aller Bundesländer, als auch die Bundespolizei. Das Verwaltungsgericht Hannover hatte Anfang 2009 entschieden, dass für diese Praxis keine geeignete Rechtsgrundlage bestehe. Ein weiteres Verfahren, das sich mit der Frage nach der Rechtsgrundlage für diese Datenspeicherung befasst, wird am kommenden Mittwoch vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt. Mit der neuen Verordnung soll nun pünktlich zur Fußballweltmeisterschaft eine solche Rechtsgrundlage geschaffen werden.

Europäischer Gerichtshof entscheidet zu böswilligen Domain-Registrierungen
Der EuGH hat am Donnerstag entschieden, dass kein Recht auf eine eu-Domain besteht, wenn diese böswillig registriert wurde (Az. C-569/08). Ende 2005 wurden neue Domains mit der Endung .eu eingeführt. Rechtsgrundlage für das Vergabeverfahren war eine EU-Verordnung. Danach sollten zunächst die Inhaber von Markennamen die Möglichkeit erhalten, diese neuen Domains zu registrieren. Sonderzeichen in den Markennamen waren dabei nicht zu berücksichtigen. Ein Unternehmen hatte sich deshalb zahlreiche Marken sichern lassen und den eigentlichen Namen mit Sonderzeichen verschleiert. So erhielt das Unternehmen mit der Marke „&R&E&I&F&E&N&” den Zuschlag für die Domain reifen.eu. Dieses Vorgehen könne als bösgläubig qualifiziert werden, so der EuGH. Ein Recht an der Domain bestehe deshalb nicht.

Gesetzesentwurf zu Arbeitnehmerdatenschutz veröffentlicht
Das Institut für IT-Recht hat einen Entwurf der Neureglungen des Arbeitnehmerdatenschutzes veröffentlicht. Aus dem internen Papier des Bundesinnenministeriums geht hervor, dass das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) um einen neuen Unterabschnitt über die Datenverwendung in Beschäftigungsverhältnissen ergänzt werden soll. Mit 15 neuen Vorschriften soll darin Klarheit im juristisch schwierigen Arbeitnehmerdatenschutz geschaffen werden. Die Neuregelungen enthalten unter anderem auch eine gesetzliche Klarstellung zum Umgang mit Telekommunikationsdaten von Arbeitnehmern. Dabei orientiert sich der Gesetzesentwurf fast ausschließlich an den bislang geltenden Vorgaben der Rechtsprechung.

Jahresbericht von jugendschutz.net vorgestellt
Die länderübergreifende Zentralstelle jugendschutz.net hat ihren Jahresbericht für 2009 veröffentlicht. Danach haben die Jugendschützer im letzten Jahr 2.400 Verstöße gegen das Jugendschutzrecht festgestellt, vorwiegend bei pornographischen Webseiten. Dabei konnten 75% der beanstandeten Angebote schnell geändert oder gelöscht werden. Dennoch fordert jugendschutz.net von Plattformbetreibern den vermehrten Einsatz technischer Hilfsmittel, um jugendgefährdende Inhalte schneller zu erkennen und zu entfernen.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Adrian Schneider.

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