Rechtsfragen der Informationsgesellschaft – Volksverhetzung, Rundfunkfreiheit, UsedSoft

von , 23.11.09

Verfassungsgericht: § 130 Abs. 4 StGB ist mit dem Grundgesetz vereinbar
Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts bereits am 4. November entschieden, dass die Norm des § 130 Abs. 4 StGB (Volksverhetzung) verfassungskonform ist (Az. 1 BvR 2150/08). Zwar greife sie als kein „allgemeines Gesetz” in die Kommunikationsgrundrechte ein. Angesichts des Unrechts, das die NS-Herrschaft über die Welt gebracht hat, sei in Art. 5 Abs. 1 und 2 GG jedoch eine „Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent”, so das Gericht in seiner Entscheidung.

Kein Unterlassungsanspruch wegen Veröffentlichung eines kritischen Interviews
Wie der Bundesgerichtshof am vergangenen Dienstag entschieden hat (Az.: VI ZR 226/08), steht dem Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Focus”, Helmut Markwort, kein Unterlassungsanspruch gegen die Verbreitung einer Interviewäußerung von Roger Willemsen in der Saarbrücker Zeitung zu. Der BGH stellte fest, dass die Verbreitug der streitgegenständlichen Interviewpassage „Heute wird offen gelogen” durch die Zeitung zulässig gewesen ist. Denn damit sei nicht Markwort persönlich angegriffen worden, sondern lediglich die Berichterstattung des „Focus” insgesamt. Markwort, der die Vorinstanzen gewonnen hatte, kündigte bereits an, den Gang vors Bundesverfassungsgericht prüfen zu wollen.

Revision im UsedSoft-Verfahren zugelassen
Mit Beschluss vom 12. November (Az. I ZR 129/08) hat der Bundesgerichtshof das Revisionsverfahren im Fall „UsedSoft” zur Entscheidung angenommen. Das mit „gebrauchter Software” handelnde Unternehmen „UsedSoft” hatte vor dem BGH zuvor eine Nichtzulassungsbeschwerde vorgebracht, da das Oberlandesgericht München zuächst den Gang nach Karlsruhe verwehrt hatte. In dem Verfahren geht es um die Zulässigkeit des Gebrauchtsoftwarehandels mit Oracle-Produkten. Die Instanzgerichte hatten zu diesem Geschäftsmodell in Deutschland bislang unterschiedlich geurteilt. Im Zentrum steht insbesondere die Frage, ob der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz auch bei unkörperlicher Distribution von Software greift.

HanseNet bleibt zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung verpflichtet
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 2. November (Az. 13 B 1392/09) bestätigt, dass auch der Telekommunikationsanbieter HanseNet gesetzlich zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung verpflichtet ist. Das Hamburger Unternehmen hatte versucht, sich vor dem OVG gegen einen Beschlusss des VG Köln von September 2009 zu wehren. Das OVG in Münster verwies jedoch insbesondere darauf, dass HanseNet die wirtschaftlichen Nachteile durch die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung nicht widerspruchsfrei habe darlegen können. Mit verfassungs- oder europarechtlichen Erwägungen hat sich das Gericht hingegen nicht weiter befasst.

Informationsfreiheitsgesetz beim WDR nicht anwendbar
Der WDR fällt als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nicht unter den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes des Landes NRW, da er keine Behörde i. S. d. Gesetzes ist. So hat das Kölner Verwaltungsgericht am vergangenen Dienstag entschieden (Az. 6 K 2032/08). Das Gericht wies damit eine Klage des Journalisten und Jurastudenten Marvin Oppong ab. Dieser hatte vom WDR Auskunft darüber verlangt, an welche Unternehmen der Sender Aufträge vergeben hat.

Offener Brief von 35 deutschen Staatsrechtlern zur Causa Brender
In der Auseinandersetzung um die berufliche Zukunft von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender haben sich heute 35 deutsche Staatsrechtler in einem offenen Brief zu Wort gemeldet. In dem Schreiben appellieren die Juristen an die Mitglieder des ZDF-Verwaltungsrates, sich nicht „an der beabsichtigten staatlichen Einflussnahme auf die Wahl des Chefredakteurs” zu beteiligen.

Erneut Bußgelder gegen Call-in-Shows
Die Landesmedienanstalten haben erneut Bußgelder gegen Veranstalter von Call-in-Shows auf Grundlage der Gewinnspielsatzung verhängt. Es sind die ersten neuen Bescheide nach der Entscheidung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs, der Ende Oktober Teile der Gewinnspielsatzung für nichtig erklärt hatte. Die Landesmedienanstalten bestätigten jedoch, dass die nun verhängten Bußgelder davon nicht betroffen sind.

Google Book Settlement: Revidierter Vergleichsvorschlag vorerst gebilligt
Das zuständige New Yorker Gericht hat in der vergangenen Woche den revidierten Vergleichsvorschlag zum Google Book Settlement von Google und den US-amerikanischen Verleger- und Autorenverbänden vorläufig gebilligt. Der nächste gerichtliche Anhörungstermin wurde auf den 18. Februar 2010 festgesetzt. Interessierten Kreisen wurde unter dessen bis zum 28. Januar 2010 Zeit gegeben, an einer öffentlichen Konsultationsrunde zum neuen Vergleichsvorschlag teilzunehmen. Dem überarbeiteten Google Book Settlement zufolge bleiben deutsche Autoren bei der pauschalen Einigung außen vor.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jede Woche zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Carta übernimmt den Wochenrückblick mit freundlicher Genehmigung. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Thomas Mike Peters.

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