Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: Tauss-Urteil, Netzsperren, GEMA-Betrug

von , 30.5.10

Landgericht Karlsruhe verurteilt Jörg Tauss
Der frühere SPD-Abgeordnete Jörg Tauss ist zu einer Bewährungsstrafe von 15 Monaten wegen Besitzes und Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie (§§ 184b, 184c StGB) verurteilt worden. Das Landgericht Karlsruhe geht davon aus, dass die strafbefreiende Ausnahme von § 184b Abs. 5 StGB nicht vorliegt: Ein Bundestagsabgeordneter falle nämlich nicht unter den privilegierten Personenkreis, die sich zur Erfüllung dienstlicher oder beruflicher Pflichten mit kinderpornografischem Material beschäftigen dürfen. Tauss’ Verteidiger haben angekündigt, die Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil zu prüfen.

FDP in Schleswig-Holstein zu Internetsperren

Der Fraktionsvorsitzende der FDP in Schleswig-Holstein Wolfgang Kubicki hat mit einer Äußerung zu Sperrverfügungen gegen illegale Glücksspielanbieter im Internet für Aufruhr gesorgt. Mitte der Woche verkündete er auf einer Veranstaltung, für eine entsprechende Regelung existiere bereits ein Gesetzesentwurf. Nach vehementer Kritik an diesem geplanten Access-Blocking nahm Kubicki am Freitag öffentlich von dem Vorhaben Abstand: Internetsperren seien keine sinnvolle Lösung, entsprechende Novellen demnach auch nicht vorgesehen.

Verwaltungsgericht Hamburg billigt Akkreditierungsverfahren für Journalisten
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Antrag einer Journalistin abgewiesen, die sich gegen eine „Gesinnungskontrolle” im Rahmen der Berichterstattung über die Innenministerkonferenz (IMK) wehren wollte. Sie weigerte sich, eine Weiterleitung ihrer Daten an das Landeskriminalamt hinzunehmen und forderte, auch ohne eine entsprechende Einwilligungserklärung an der Konferenz teilnehmen zu dürfen. Das Gericht hält es aber grundsätzlich für zumutbar, dass Journalisten in diesem Rahmen von den Behörden überprüft werden. Diese Ansicht teilt auch das Oberverwaltungsgericht, das eine Beschwerde gegen die Entscheidung des VG zurückgewiesen hatte. Insbesondere liege kein Eingriff in die Pressefreiheit (Art. 5 GG) vor, weil die IMK keine „allgemeine Informationsquelle” sei; außerdem seien die Innenminister eine Personengruppe, die besonders geschützt werden müsse.

Betrugsverdacht bei der GEMA
Die GEMA hat nach eigenen Angaben Strafanzeige wegen Betrugs „mit potentiell großen Ausmaßen” erstattet. Zwei Mitarbeiter sollen dabei geholfen haben, aufgrund falscher Angaben unberechtigte Auszahlungen an bestimmte Urheber und Verleger herbeizuführen. Die näheren Umstände werden nun von der Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt. Den verdächtigten Mitarbeitern wurde bereits fristlos gekündigt. Der Vorstandsvorsitzende der GEMA Dr. Harald Heker betont jedoch, dass es sich um einen „beispiellosen Einzelfall” handele, der keine Rückschlüsse auf das gesamte System der Verwertungsgesellschaft zulasse.

Landgericht Hamburg: Kik vs. NDR
Der Textildiscounter Kik hat vor dem LG Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen den NDR erwirkt. Dieser hatte in der Sendung „Panorama – die Reporter” über die schlechten Arbeitsbedingungen in den Firmen, die die Kette beliefern, berichtet. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ging das Gericht davon aus, dass hier unwahre Tatsachen behauptet worden sind, und hat eine weitere Ausstrahlung der Reportage untersagt. Der NDR hat bereits angekündigt, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einzulegen.

Bundesjustizministerium: Entwurf für Novelle des Fernabsatzrechts
In Reaktion auf das Urteil des EuGH im September 2009 (Az. C-489/07) hat das Bundesjustizministerium einen Entwurf für eine Novelle des deutschen Fernabsatzrechts ausgearbeitet. Der EuGH hatte entschieden, dass ein Verbraucher bei einem fristgerechten Widerruf nicht grundsätzlich zum Wertersatz nach §§ 357, 346 ff. BGB verpflichtet ist. Diesen kann der Verkäufer nur in den Fällen verlangen, in denen der Verbraucher die gekaufte Ware in einem größeren Umfang als zur bloßen Prüfung benutzt. Der Entwurf sieht nun eine Änderung der entsprechenden Normen, insbesondere der §§ 312 e, 357 Abs. 3 BGB vor. Die geplante Novelle geht dabei über die Vorgaben des EuGH hinaus und regelt den Wertersatz für alle gesetzlichen Widerrufsrechte einheitlich.

Streit um Jugendschutz bei Sky
Sky darf wieder Erotik-Sendungen ab 20 Uhr ausstrahlen. Damit hat sich die Pay-TV-Plattform erfolgreich gegen eine einstweilige Verfügung gewehrt; diese hatte der Medienunternehmer Tobias Huch Mitte Mai vor dem Landgericht Duisburg erwirkt. Huch’s Unternehmen Resisto IT bietet technische Alterskontrollen für Erotikseiten an. Er hatte bemängelt, dass die Jugendschutzvorrichtungen bei Sky zu leicht zu umgehen seien. Die Entscheidung in der Hauptsache steht allerdings noch aus; die Verhandlung soll am 10. Juni 2010 beginnen. Sky hält sein System aber für sicher und will nichts an den Kontrollen ändern.

EU-Kommission kritisiert deutschen Telekommunikations-Markt
Die EU-Kommission ist mit den Entwicklungen auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt nicht zufrieden: In ihrem 15. Implementierungsbericht kritisiert sie insbesondere die Dauer von Regulierungsverfahren und die zu passive Haltung der Bundesnetzagentur im Bereich NGA (Next Generation Access). Hinzu komme, dass in der Regulierungsbehörde nur noch 11 Prozent des Personals für den TK-Bereich zuständig seien. Von diesen Mängeln profitiere die Deutsche Telekom AG als Ex-Monopolist.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Christiane Müller.

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