Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: SWIFT, ZDF, Steuerdaten

von , 8.2.10

EU-Innenausschuss lehnt SWIFT-Abkommen ab
Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat dem Plenum mit der Mehrheit von 29 zu 23 Stimmen empfohlen, die Ratifizierung des SWIFT-Abkommens abzulehnen. Das Übereinkommen mit den USA regelt den Transfer von Bankdaten aus der EU in die USA. Dort sollen sie zur Terrorismusbekämpfung herangezogen werden. Insbesondere wurde kritisiert, dass das Abkommen einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der EU-Bürger darstelle. Das Vertragswerk, was nun zur Debatte steht, ist lediglich eine Interimslösung und hat eine Laufzeit von nur neun Monaten. Es ist zum 01. Februar bereits vorläufig in Kraft getreten. Allerdings wurden bislang noch keine Daten in die USA übermittelt. Das EU-Parlament wird am kommenden Donnerstag über die Ratifizierung entscheiden.

Bündnis 90/Grüne stellen Normenkontrollantrag zum ZDF-Staatsvertrag vor
Die grüne Bundestagsfraktion hat in der vergangenen Woche zusammen mit dem Mainzer Medienrechtler Professor Dörr ihren Entwurf für eine Antragsschrift in einem möglichen Normenkontrollverfahren gegen den ZDF-Staatsvertrag vorgestellt. Nach der „Abwahl” des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender durch den ZDF-Verwaltungsrat hatten die Grünen ein solches Verfahren angekündigt. Ziel ist es, den Einfluss politischer Parteien in den Aufsichtsgremien des ZDF so vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. In den nächsten Wochen wollen die Grünen im Bundestag die notwendige Mehrheit von einem Viertel der Abgeordneten für ein solches Normenkontrollverfahren sammeln. Die Linke hat bereits Unterstützung signalisiert. Und auch die SPD-Fraktion zeigt sich inzwischen gesprächsbereit. Unterdessen hat der NDR-Justitiar Dr. Werner Hahn eigene Vorschläge für eine mögliche Reform des ZDF vorgestellt.

Kauf geklauter Steuerdaten: Straftat oder Strafverfolgung?
Die Frage nach der Zulässigkeit des Ankaufs von Schweizer Bankdaten durch die Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Verfolgung von Steuerkriminalität hat in der vergangenen Woche die öffentliche Diskussion geprägt. Liegt vielleicht im Ankauf der Daten durch den Staat ein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch, das Urheberrecht oder das Wettbewerbsrecht vor? Das Bundesverfassungsgericht wird sich in Kürze mit der Frage befassen, inwieweit solche dubios angekauften Daten überhaupt strafrechtlich verwertet werden dürfen. Das Verfahren dazu hängt sich an einer ähnlichen Ankaufaktion von Daten aus Liechtenstein im vorletzten Jahr auf.

Keine außergerichtliche Kostenerstattung in Filesharing-Prozess
Das Amtsgericht Frankfurt/Main hat die Schadensersatzforderung eines Rechteinhabers aus einer Abmahnung für Rechtsverfolgungskosten in einem Filesharing-Fall abgewiesen (Urteil v. 29.01.2010, Az. 31 C 1078/09-78). Den Hintergrund dieser besonderen Entscheidung bildet eine pauschale Honorarvereinbarung zwischen dem Rechteinhaber und der mit Rechtsverfolgung beauftragten Anwaltskanzlei. Das Gericht erkannte nun, dass dem Rechteinhaber nur diejenige Vermögenseinbuße als Schadensersatz zustehen würde, die ihm aufgrund der Honorarvereinbarung tatsächlich entstanden ist. Da im Prozess von ihm zu dieser konkreten Schadenshöhe nichts vorgetragen wurde, lehnte das Gericht den Anspruch am Ende vollends ab. Dies stellt einen Richtungswechsel in der Rechtsprechung dar. Bislang wurden in solchen Massenabmahnungsfällen die normalen Anwaltsgebühren als Schadenspositionen von den Gerichten anerkannt.


USA und Deutschland üben weiter Kritik am Google Book Settlement
Sowohl das deutsche als auch das US-amerikanische Justizministerium haben sich erneut kritisch zum Google Book Settlement geäußert. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat zu Beginn der letzten Woche einen zweiten Amicus-Curiae-Schriftsatz an das mit dem Streit um das Google Book Settlement befasste New Yorker Gericht geschickt. Darin werden nochmals Bedenken gegenüber dem überarbeiteten Vergleichsvorschlag vom 13. November 2009 geäußert. Insbesondere die Regelungen zu verwaisten Werken werden vom BMJ moniert. Und auch das US-Justizministerium hat den überarbeiteten Vergleichsvorschlag kritisiert: Zwar sehe man an einigen Stellen Verbesserungen, es verblieben aber noch viele kartellrechtlich kritische Punkte, so die US-Behörde.

ZPÜ erhöht Urheberrechtsabgaben für optische Trägermedien
Die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ), in der alle großen deutschen Verwertungsgesellschaften organisiert sind, hat eine Erhöhung der Urheberrechtsabgaben (§ 54 UrhG) für optische Trägermedien angekündigt. Medienberichten zufolge sollen insbesondere die Abgaben für Blu-ray-Medien steigen. Branchenkreise erwarten, dass die Hersteller die höheren Abgaben in Form von Preiserhöhungen an die Endkunden weitergeben werden. Eine Sprecherin des Informationskreises Aufnahmemedien bezeichnete gegenüber ZDnet die neuen Tarife als „vollkommen unangemessen”.

Bundesinnenminister: „Bundesabhörzentrale” ohne Beteiligung des Verfassungsschutzes
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Pläne seines Amtsvorgängers für die Einrichtung einer sogenannten “Bundesabhörzentrale” unter Beteiligung des deutschen Inlandsgeheimdienstes stoppen. Er plädiert dafür, die Abhörmaßnahmen von Polizei und Verfassungsschutz auch weiterhin räumlich getrennt zu halten. Nach Ansicht des Bundesinnenministers sei die Zusammenlegung der TK-Überwachungen von BKA und Bundespolizei demgegenüber aber rechtlich unproblematisch. Wie die Einrichtung der einer gemeinsamen technischen Stelle beim Bundesverwaltungsamt in Köln aussehen könnte, will de Maizière in Kürze entscheiden.

Ministerin Aigner will gegen Google Street View vorgehen
Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat scharfe Kritik an Google Street View geübt. Ihrer Meinung nach wird durch die flächendeckenden Aufnahmen von Straßen und Häusern die Privatsphäre der Bundesbürger massiv verletzt. Die Ministerin kündigte an, zusammen mit anderen Ministerien rechtliche Schritte gegen Google sowie mögliche Gesetzesänderungen zu prüfen. Google zeigte sich von der Kritik indes überrascht und verwies darauf, dass Street View im Einklang mit dem deutschen Datenschutzrecht stehe. Eine unter Juristen durchaus streitbare Einschätzung.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Thomas Mike Peters.

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