Rechtsfragen der Informationsgesellschaft – Regierungskoalition, Internet-Pornos, 9Live

von , 26.10.09

Koalitionsvertrag zu den Themen Internet, Datenschutz & Urheberrecht
Am gestrigen Samstag haben die Spitzen von CDU, CSU und FDP den Entwurf eines Koalitionsvertrages für die kommende Legislaturperiode (PDF) vorgestellt. Dem Papier zufolge soll es unter der neuen Bundesregierung vorerst keine Netzsperren gegen kinderpornographische Webseiten geben und der Zugriff auf die Vorratsdaten soll weiterhin eingeschränkt bleiben. Ferner bekennen sich die Parteien im Koalitionsvertrag zur Netzneutralität. Im Bereich des Urheberrechts soll der „Dritte Korb” zur Erhöhung des Schutzniveaus und zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung kommen, wobei auch die Einführung eines eigenen Leistungsschutzrechts für Presseverlage geplant ist. Die Einführung von Netzsperren bei Urheberrechtsverletzungen lehnen die Koalitionäre hingegen ab. Das Datenschutzrecht soll grundlegend erneuert werden. Ferner soll das BSI zu einer zentralen Cyber-Sicherheitsbehörde ausgebaut werden. Ebenso wurde bekannt, dass Bernd Neumann weiterhin Staatsminister für Kultur und Medien bleiben wird.

BVerfG: Verfassungsbeschwerden gegen Verbreitungsverbot von Pornographie abgewiesen
Das Bundesverfassungsgericht hat mehrere Verfassungsbeschwerden als unbegründet abgewiesen, die sich gegen das Verbreitungsverbot von einfacher Pornographie im Internet gerichtet hatten. Zum einen hatten sich die Beschwerden sowohl direkt gegen das Verbot des § 184d StGB gewandt. Zum anderen richteten sie sich aber auch gegen strafrechtliche Verurteilungen wegen des Einsatzes von unzureichenden Alterverifikationssystemen beim Betrieb von pornographischen Internetangeboten. Mit den Verfassungsbeschwerden wurde erfolglos eine fehlende Eignung der Normen zum Schutz von Jugendlichen vor Pornographie gerügt. Auch die hinreichende Bestimmtheit des Tatbestandsmerkmals „Pornographie” wurde in Zweifel gezogen.

Datenschutzbehörde verhängt Millionenbuße gegen Deutsche Bahn AG
Die Deutsche Bahn AG hat in der vergangenen Woche einen Bußgeldbescheid des Berliner Datenschutzbeauftragten über ein Bußgeld in Höhe von 1.123.503,50 Euro akzeptiert. Es handelt sich dabei um das höchste Bußgeld, das je eine deutsche Datenschutzbehörde festgesetzt hat. Damit werden gravierende Datenschutzversöße bei der DB AG geahndet. So hat das Unternehmen insbesondere bei der Korruptionsbekämpfung zwischen 2002 und 2005 auf datenschutzrechtlich unzulässige Mittel zurückgegriffen. Darüber hinaus wurde in den Jahren 2006 und 2007 auch die gesamte E-Mail-Kommunikation sämtlicher Mitarbeiter systematisch ausgespäht.

ZAK verhängt Bußgelder gegen 9Live in Höhe von 95.000 Euro
Die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) hat ihre Drohung wahr gemacht und gegen den Sender 9Live Geldbußen in Höhe von insgesamt 95.000 Euro verhängt. Grund sind gleich sieben Verstöße gegen die Gewinnspielsatzung der Landesmedienanstalten, darunter Irreführung und Intransparenz bei Call-in-Shows. Unterdessen wurde in der vergangenen Woche bekannt, dass 9Live zukünftig neben dem Geschäft mit Zuschaueranrufen auch durch klassische TV-Werbung Geld verdienen will.

RTL gewinnt Markenrechtsstreit gegen „dsds-news.de”
In der juristischen Auseinandersetzung von RTL mit dem Fanportal „dsds-news.de” hat nun das Landgericht Köln entschieden. Nach Ansicht der Kölner Richter darf der Betreiber des Fanportals zwar weiter über die Vorgänge bei der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar” berichten, allerdings darf er dabei nicht mehr die Marke „DSDS” im geschäftlichen Verkehr nutzen. Ferner verurteilte ihn das Gericht insbesondere zur Herausgabe der Domain „dsds-news.de” an den Kölner Fernsehsender. Dieser hatte dem Betreiber der Plattform vorgeworfen, unter der Domain bislang nicht nur ein Fanportal, sondern vor allem ein ein Suchmaschinen-Optimierungsangebot (SEO) mit überwiegend kommerziellem Interesse zu betreiben. Im Juni war RTL vor dem Landgericht Berlin noch mit der Geltendmachung eines Übertragungsanspruch hinsichtlich der Domain gescheitert.

VG Frankfurt: Gewerblich genutzte internetfähige PCs sind nicht rundfunkgebührenpflichtig
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in der vergangenen Woche entschieden, dass gewerblich genutzte internetfähige Computer grundsätzlich nicht unter die Rundfunkgebührenpflicht fallen (Urteil v. 22.10.2009, Az. 11 K 1310/08.F(V)). Die Frankfurter Richter erkannten für Recht, dass ein gewerblich genutzter PC bereits unter die Gebührenbefreiung für Zweitgeräte gemäß § 5 Abs. 2 RGebStV falle. Darüber hinaus gingen die Richter davon aus, dass aus dem bloßen Besitz eines dieser Geräte nicht mehr automatisch auch auf ein Bereithalten zum Rundfunkempfang geschlossen werden könne. Bei der Frage, ob internetfähige PCs per se der Rundfunkgebührenpflicht unterfallen, gelangen deutsche Gerichte bislang zu einer sehr uneinheitlichen Rechtsprechung; eine Entscheidung des BVerwG steht hierbei noch aus.

Urheberrecht: Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Youtube
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat gegen die Video-Plattform YouTube und deren Muttergesellschaft Google ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Urheberrechtsverletzungen eingeleitet. Anlass für dieses Verfahren gab eine Strafanzeige eines Hamburger Rechtsanwalts, der u. a. Künstler vertritt, die sich durch Youtube um ihre angemessene Vergütung gebracht fühlen.

SchülerVZ-Erpressung: Tatverdächtiger festgenommen
Nach der systematischen Vervielfältigung von Daten aus den Social Networks der VZ-Gruppe und einem anschließenden Erpressungsversuch ist ein Tatverdächtiger festgenommen worden. Nach Polizeiangaben ereignete sich die Festnahme des 20-jährigen Mannes am vergangenen Montag in den Räumen der VZ-Gruppe in Berlin. Ihm wird versuchte Erpressung zur Last gelegt. Noch am Montagabend erging Haftbefehl gegen ihn.

Einigung bei pan-europäischen Online-Musiklizenzen
Im Rahmen eines Runden Tisches der EU-Kommission haben sich in der vergangenen Woche Vertreter der Musikindustrie mit Vertretern von Download-Portalen und Verwertungsgesellschaften über ein neues und praktikableres System für pan-europäische Online-Musiklizenzen geeinigt. Dazu unterzeichneten die Teilnehmer eine gemeinsame Erklärung zu allgemeinen Grundsätzen, auf denen der Online-Musikvertrieb künftig basieren soll. Bislang waren in diesem Bereich viele elementare Fragen ungeklärt und gaben daher immer wieder Anlass zum Streit zwischen den Beteiligten.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Carta übernimmt den Wochenrückblick mit freundlicher Genehmigung. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Thomas Mike Peters.

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