von Robin Meyer-Lucht, 19.1.09
Matthias Rüb hat für die FAS gut beschrieben, wie Obama versucht, zugleich postideologisch-pragmatisch und integrativ-allmerikanisch zu wirken. Er spinnt geschickt ein Netz aus historischen Referenzen, das ihn zugleich in eine Linie mit Abraham Lincoln und Martin Luther King setzt. Barack Obama will zugleich als Erneuerer und zutieftst US-amerikanisch erscheinen.
Obamas Büroleiter Rahm Emanuel (Foto) hat vor einigen Tagen auf dem amerikanischen Fernsehsender NBC erläutert, wie sich dieser Obamarismus in der Antrittsrede niederschlagen wird: Der neue Präsident werde am Dienstag für eine neue “Kultur der Verantwortung” werben. Es gehe um die Wiederbelebung eines Wertesystems, “das Verantwortung respektiert und schätzt.”
Merke: Obama beruft sich zugleich auf als uramerikanisch kodierte Werte und auf “Change”. Obama erhebt die Kritik an kapitalistischen Exzessen (“Anything goes”-Übertreibungen) kurzerhand zum “amerikanischen Wert” (“Verantwortung”). So gelingt ihm Neudefinition des amerikanischen Traums und demokratische Akzentverschiebung in einer großen inklusionistischen Geste. Zusätzlich gibt er sich integrativ-partizipativ, indem er die Führung nicht nur von oben, sondern auch von “den Menschen” her betont, wie auch kürzlich in diesem Video.
Wenn Politik die Kunst ist, Mehrheiten zu organisieren, dann ist Barack Obama ihr Kaiser. Dabei ist zugleich die Achillesferse seiner Strategie leicht auszumachen: Es erscheint zumindest fraglich, ob Obama mit seinen Ansätzen auch konfliktträchtige und schmerzliche Entscheidungen durchzusetzen vermag. Mein Gefühl sagt: ja. Dazu wird er seine Strategie noch einmal anpassen müssen, so wie er es nach der gewonnenen Nominierung und nun vor der Amtseinführung auch schon getan hat. Change ist bei Obama durchaus auch persönlich gemeint.
sdf
Hinweis: Die Carta-Veranstaltung zur Amtseinführung morgen ist leider komplett ausgebucht. Wir werden die Diskussion auf jeden Fall als Audio-Stream übertragen und anschließend als Video ins Netz stellen.