von Daniel Schwerd, 18.7.13
EU-Kommissarin Neelie Kroes möchte für die Beförderung von Daten im Internet “neue Spielräume” schaffen, berichtet heute das Handelsblatt. Internetprovidern soll es demnach ausdrücklich erlaubt werden, bestimmte Inhalte bevorzugt oder zu bestimmten Konditionen zu übermitteln.
Das stellt eine 180-Grad-Kehrtwende dar. Noch im Juni wollte Neelie Kroes die Netzneutralität EU-weit gesetzlich festschreiben.
Wie ihr wisst, ist Netzneutralität der Grundsatz, dass alle Datenpakete im Internet ungeachtet ihres Inhalts gleich behandelt und transportiert werden. So soll verhindert werden, dass der Besitzer der Infrastruktur, der meist ein faktisches Monopol besitzt, Einfluss auf die transportierten Inhalte nimmt.
Damit ist jedoch nach Willen der EU-Kommission bald Schluss. Was Frau Kroes hier als “neue Spielräume” bezeichnet, stellt in Wirklichkeit ein Zwei-Klassen-Internet dar: Die Inhalte, für die der Ersteller extra an die Telekommunikationsunternehmen bezahlt, werden bevorzugt transportiert, alle anderen Inhalte verlangsamt. BILD online, ZDF, CDU.de und Google sind dann vielleicht schnell zu empfangen, Abgeordnetenwatch, netzpolitik.org, Pottblog und persönliche Webseiten nur im Schneckentempo verfügbar. Eine Katastrophe für die Meinungsfreiheit.
Das ist etwa so, als würde Springer die Deutsche Post dafür bezahlen, dass die BILD-Zeitung immer am gleichen Tag ausgeliefert wird, alle anderen Tageszeitungen aber erst zwei Tage nach Erscheinen.
Wie kommt es zu diesem Meinungsumschwung? Haben sich Telekommunikations-Lobbyisten in der Kommission die Klinke in die Hand gegeben? Wie ist es zu erklären, dass die zuständige Kommissarin ihre Meinung von einem auf den anderen Monat so komplett ändert?
Ich finde das skandalös.
- Die Piraten haben im Landtag NRW einen Antrag zur Netzneutralität eingebracht – Drs. 16/2892 -, zu dem es am 10. Oktober eine Anhörung geben wird. Und eine kleine Anfrage “Telekom-Drossel, strikte Netzneutralität und Deep Packet Inspection” – Drs. 16/3403 – von Daniel wartet noch auf eine Antwort der Landesregierung.
Crosspost von @netnrd · Politik aus Notwehr