#Crowdfunding

Mehr Entwicklungshilfe für Datenjournalismus

von , 20.7.12

Chancen und Grenzen philanthropischer Journalismusförderung werden in Deutschland in den letzten Jahren verstärkt und stets mit Verweis auf die USA diskutiert. Hier, wo die Zeitungsindustrie in den ersten zehn Jahren des neuen Jahrtausends 1,6 Milliarden Dollar oder 30 Prozent der für die Produktion journalistischer Inhalte zur Verfügung stehenden Mittel verloren hat, sind in den vergangenen Jahren eine Reihe von Initiativen entstanden, die sich dem drohenden Verlust an Meinungsvielfalt und publizistischer Qualität entgegenstemmen. Immer wieder genannt werden dabei zwei Akteure:

Die seit ihrer Gründung 2007 mehrfach mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Recherche-Plattform ProPublica („Journalism in the public Interest“) ist ein millionenschweres Beispiel dafür, wie sich philanthropisch geförderter Journalismus Themen annimmt, denen andere aufgrund des hohen Rechercheaufwands oder der zu erwartender Prozesskosten nicht die wünschenswerte Beachtung zuteil werden lassen. ProPublica erhält alleine zehn Millionen Dollar jährlich über die Stiftung der Gründer des Projekts, Herbert und Marion Sandler, und finanziert so eine Redaktion mit aktuell 34 festangestellten Journalisten.

Philanthropisch – ob durch eine Stiftung, durch Einzelspenden, Crowdsourcing oder Matching-Fund-Modelle – finanzierte Medien haben sich in den USA aber auch zu wirksamen Innovationstreibern entwickelt. Eine große Rolle hierbei spielt die John S. and James L. Knight-Foundation. Die Stiftung hat seit 1950 fast eine halbe Milliarde US-Dollar für die Förderung von Journalismus und Meinungsfreiheit ausgeschüttet und diversen journalistischen Start-Ups und Non-Profit-Initiativen die nötige Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt.

Knight und ProPublica, zwei big player des philanthropisch finanzierten Journalismus, vertiefen nun ihre Zusammenarbeit. Wie sowohl ProPublica als auch das (ebenfalls von Knight geförderte) Nieman Journalism Lab an der Harvard University am Mittwoch meldeten, stellt Knight ProPublica 1,9 Millionen Dollar für den Datenjournalismus zur Verfügung.  ProPublica hat in der Vergangenheit mit einer Reihe von interaktiven News Applications und Visualisierungen, die komplexe Sachverhalte und unüberschaubare Datensätze für den Leser nachvollziehbar machen, auch Standards hinsichtlich neuer journalistischer Darstellungsformen gesetzt hat. Mit der Weiterentwicklung von News Apps wie Dollars for Docs, das finanzielle Abhängigkeiten zwischen Krankenversicherungen und pharmazeutischen Unternehmen beleuchtet, will man nun der gesamten Branche zeigen, dass aus neuen, innovativen Formen des Journalismus letztlich auch Erlöse entstehen können.

„I absolutely see our industry as a revenue opportunity“, lässt sich Scott Klein im Bericht des Nieman Journalism Lab zitieren. „Newsrooms across the country have within them data sets that would be very valuable to their communities.”

Abzuwarten bleibt, ob und inwieweit solche Nachrichten dazu beitragen, dass aus der Debatte über Stiftungen und Journalismus hierzulande jemals konkrete, den hiesigen Gegebenheiten und Notwendigkeiten angemessene Projekte entstehen. Weniger als 0,5 Prozent der deutschen Stiftungen haben ausdrücklich die Förderung des Journalismus in ihren Statuten verankert. Die Förderung der Demokratie hingegen findet sich als Ziel in sehr vielen Satzungen. Und die Entwicklungshilfe für neue journalistische Arbeitsweisen und Darstellungsformen ist dafür wohl eine wirksamere Strategie als die Vergabe von Journalistenpreisen.
 

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