Medienschau zum Wahlkampf V – Fernsehen, Fernsehen, Fernsehen

von , 18.9.09

Das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier am Sonntag fand wenig Freunde. Ein Duett nannte Moderator Peter Limbourg noch während der Sendung das Zusammentreffen der Kanzlerkandidaten und legte damit – wie Altpapier beobachtet, den schreibenden Journalisten die Worte in den Mund: Duett statt Duell wurde fast durch die Bank am nächsten Tag getitelt. Auch Limbourgs Bemerkung vom älteren Ehepaar wurde gerne recycelt und als eigene Beobachtung ausgegeben (Beispiel hier).

Jürgen Kaube stellt in der FAZ fest: Die eigentliche Botschaft des Duells sei das Duell selbst, was aber auf ein Paradox eines Gesprächs, das keines ist, hinauslaufe: mit vorfabrizierten und erwartbaren Sätzen solle es den Eindruck eines echten Austauschs erzeugen. Durch die schlechte Moderation sei das Paradox noch gesteigert worden. “Der Satz des Abends gehörte Steinmeier und empfahl sich zur Wiederverwendung: „Haben Sie doch einfach Interesse an meinem Argument!“.

Ebenfalls in der FAZ (nur auf Papier, via) schildert Marcus Jauer einen luhmannesken Moment am Rande des Duells in den Adlershofer Studios: “Als dann das Duell begann, bauten sich die Kameras um die Sofaecken der jeweiligen Anhänger auf, deren Blicke zur Bildwand gingen, und so entstand die Situation, dass man den Journalisten dabei zusehen konnte, wie sie den Anhängern dabei zusahen, wie die ihren Kandidaten dabei zusahen, wie diese keine Auseinandersetzung aufkommen ließen“.

Torsten Krauel meint in der Welt, in den USA wären die Moderatoren nach einem derart herrischen Auftreten entlassen worden. Man habe das amerikanische Duellformat kopieren wollen, zu dem aber auch gehöre, dass es Tabu sei, die Kandidaten zu belehren und zu unterbrechen (zum Duell siehe auch die Beiträge hier und hier bei Carta). Jan Pfaff bietet im Freitag einen kleinen Exkurs zur populären Kulturgeschichte des Duells und zeigt, was die Duellanten etwa von den Konstellationen Darth Vader vs. Luke Skywalker oder Kojote vs. Roadrunner lernen können.

Mittlerweile haben sowohl Merkel als auch Steinmeier weitere Fernsehauftritte abgesagt. “Wer den Kanzlerkandidaten gibt, was sie wollen, darf sich nicht wundern, dass sie sich nehmen, was sie wollen“, kommentiert Joachim Huber im Tagesspiegel. Nun wundere man sich über gar nichts mehr, so Hans Jürgen Jakobs in der Süddeutschen, nicht mal, falls sie sie die Elefantenrunde am Wahlabend schwänzen würden.

Überwiegend lobende Stimmen fanden sich dagegen für die “Dreikampf“-Sendung mit den Spitzen der kleinen Parteien am Montag, so z.B. von Mariam Lau in der Welt, Kai Beller in der FTD oder Matthias Lohre in der taz.

Daneben gingen die Artikel aus dem Genre “Politische Reisebegleitung” fast unter. Auf den Tag genau 60 Jahre, nachdem Konrad Adenauer zum ersten Bundeskanzler gewählt wurde, begann Angela Merkel ihre Reise mit dem “Rheingold-Express“, von der Wulf Schmiese in der FAZ berichtet. “Dazu Blumen, Tusch und Kaiserwetter” (Patrick Schwarz) – bzw. ein Wahlkampf wie aus dem Manufactum-Katalog (Robert Misik). Mechthild Küpper beobachtet die Linke beim Wahlkampf in Bremen und stellt fest: Lafontaine schreit nicht mehr.

Und schließlich: Es gibt sie noch, die Wahlempfehlung: Frank Schmiechen rät in der Welt: Stimmen Sie am 27. September für diese Partei!

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