Leistungsschutzrecht: Leutheusser-Schnarrenberger will ‚Snippet‘-Abgabenpflicht

von , 15.5.11

Die Pläne zu einem Leistungsschutzrecht für Presseverlage nehmen langsam Kontur an. In einem Interview mit DRadio Wissen hat Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nun deutliche Hinweise gegeben, wie sie sich die Ausgestaltung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger vorstellt.

Demnach will die Justizministerin eine Art „VG Snippet“ einführen: Kommerzielle Anbieter, die beim Verlinken automatisiert kleine Textausschnitte von Verlagssites übernehmen (‚Snippets‘), sollen dafür in eine Verwertungsgesellschaft einzahlen.

Erstmals sagte die Justizministerin öffentlich, dass zukünftig die „Verwendung auch von Teilen von Presseerzeugnissen“ (4:30) durch kommerzielle Nutzer wie „Google oder andere[n]“ (4:40) abgabenpflichtig werden soll. Hierzu könnte eine Verwertungsgesellschaft (4:35) geschaffen werden, die ihre Einnahmen an Verlage und Journalisten abführt.

Die Ministerin begründete den Schritt damit, dass Suchmaschinen und andere Aggregatoren journalistische Inhalte „vermarkten“ (3:55) würden – und daher auch zur besseren Vergütung journalistischer Leistungen beitragen sollten.

Leutheusser-Schnarrenberger: Abgaben von „Google oder anderen“ für die „Verwendung auch von Teilen von Presseerzeugnissen“ (Bild: BMJ/Universum)

Die Ministerin erwähnte hingegen nicht, dass das Lesen von Verlagswebsites von gewerblich genutzten PCs aus zukünftig bezahlpflichtig werden soll. Diese Forderung von Verlegern geht der Ministerin offenbar zu weit.

Sie betonte vielmehr deutlich, sie wolle „ein eng begrenztes Recht“ schaffen, mit dem „nicht Milliarden“ (3:00) verdient werden könnten. Den größten Befürchtungen des Bundesverbands der Deutschen Industrie, wonach eine flächendeckende Abgabenpflicht für die deutsche Wirtschaft geschaffen werden könnte, trat sie so entgegen.

Somit zeichnet sich eine „kleine Lösung“ beim im Koalitionsvertrag vereinbarten Leistungsschutzrecht für Presseverlage ab: Die Abgabenpflicht für ‚Snippets‘ soll kommen. Eine Abgabenpflicht für das Lesen von Verlagswebsites an gewerblichen PCs soll es hingegen nicht geben.

Sollte die neue stellvertretende FDP-Vorsitzende einen solchen Gesetzentwurf tatsächlich vorlegen, wird dies für hohen Diskussionsbedarf sorgen. Denn im Klartext bedeutet er: Deutschland führt eine Lizenzpflicht für Snippets ein – automatisierte Kurzauszüge von verlinkten Websites werden für kommerzielle Anbieter kostenpflichtig.

Die betroffenen – zumeist multinationalen – Suchmaschinen und sozialen Netzwerke werden sich das wohl nur gefallen lassen, wenn die Tarife dafür sehr moderat ausfallen. Während die prinzipiellen Veränderungen durch das neue Gesetz erheblich wären, bleibt weitgehend unklar, ob hier eine relevante neue Einnahmequelle für Journalismus geschaffen wird.

/th

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