Kanzlerin vermisst!

von , 28.11.09

Angela Merkel (für jene, die es vergessen haben: Unsere Bundeskanzlerin) schweigt- und das mit Nachdruck. Wenn sie überhaupt in den Medien vorkommt, dann nur als Nebenfigur, als diejenige, die im Hintergrund ist und sich (noch) nicht entschieden hat.

Dabei gibt es derzeit eine ganze Stange von Themen, bei denen wir auf Antworten warten. Zu all diesen Themen, so scheint es, hat jeder eine Meinung. Meist Menschen, deren Meinung uns etwa genauso stark interessiert, wie die Sonntagsspiel-Ergebnisse der fünften mongolischen Fußballliga. Falls es die denn überhaupt gibt. Die einzige Person die keine Meinung zu haben scheint, ist die Bundeskanzlerin. Auch der Rücktritt von Franz Josef Jung, sowie der Ressort-Wechsel von Ursula von der Leyen wirkten lediglich von Merkel verkündet, nicht aber von ihr entschieden.

Angela Merkel wird (ob schmerzlich sei dahin gestellt) vermisst. Wir hören die Namen zu Guttenberg, Westerwelle, Jung, von der Leyen, Brüderle. Dann wieder zu Guttenberg, wenn sich nicht Louis van Gaal dazwischen mogelt. Konservative CDU-Kreise und die FDP debattieren sich derweil schwindelig um Frau Steinbach. Die Polen schauen ebenso ratlos: Es ist doch alles gesagt, was nun?

Die Studentenproteste hat die Politik bereits im Frühjahr erfolgreich totgeschwiegen, die Meinungen zu Opel ändern sich sowieso jeden Tag. Wer steht da eigentlich für was? Das Betreuungsgeld? Gutschein oder Bargeld, ganz egal! Lasst das Volk diskutieren, bezahlen kann man es so oder so nicht. Und die Sache mit dem Tanklaster und Herrn Jung… Das löst sich schon von alleine, oder? Tat es sogar. Fürs erste.

An der Spitze unserer Regierung gibt es derzeit keine Entscheidungen, nur Debatten. Endlose, teilweise schon wochenlang andauernde Diskussionen. Kann es gar sein, dass jemand unsere Kanzlerin entführt hat? Würden wir das überhaupt merken?

Man ist sich nicht sicher. Aber Gott sei Dank: Angela Merkel wurde nicht entführt. Sie wartet einfach noch, sie wägt ab. Wie lange weiß keiner. Und wir, das einfache Volk, werden von unserer Kanzlerin im luftleeren Raum gelassen. Eine klare Aussage, wohin es nun geht, dürfen wir nicht erwarten. Doch auf diese haben wir ein Recht und deshalb sollten wir diese Kritik auch vortragen.

Eines können wir der Kanzlerin jedoch nicht vorwerfen: Dass sie uns vor der Wahl getäuscht hätte. Wir erinnern uns, auch im Wahlkampf gab es kaum konkrete Aussagen, kaum Auseinandersetzungen mit dem Gegner. Was damals noch als Wahlkampftaktik verstanden wurde, entpuppt sich nun als das scheinbar ganz normale Verhalten von Angela Merkel. Für das Land bedeutet dies nicht „A“ oder „B“, sondern nur „oder“. Ganz viel oder. Mindestens noch knapp vier Jahre. Oder?

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