#Bild

Hurra, wir werden missioniert!

von , 15.4.12

Am 23. Juni dieses Jahres sollen alle deutschen Haushalte zu Ehren Axel Cäsar Springers (er wird 100, sein Blatt wird 60) eine kostenlose Ausgabe der Bild-Zeitung erhalten. Ebenfalls sollen alle deutschen Haushalte – zu Ehren des Propheten Mohammed – eine kostenlose Ausgabe des Koran erhalten. Was bedeutet das?

Nun, es bedeutet, dass in beiden Fällen große Propheten geehrt werden. Sowohl die Aktionen der Salafisten als auch die Aktionen der Springerianer sind kühne Missionierungsversuche. Zwei große Religions- und Wertegemeinschaften werben friedlich für ihre Sicht der Welt. Beide Gruppen haben bedeutende Männer im Programm, die ganz direkt von Gott inspiriert wurden.

Nun könnte man zu Recht einwenden, dass das eine ja wohl nicht ernsthaft (!) mit dem anderen verglichen werden könne (Günter Grass weiß das). Diesem Einwand stimmen wir vollumfänglich zu. Die beiden Aktionen sind absolut unvergleichlich. Axel Cäsar Springer ist so einmalig – wie der Prophet Mohammed, Bild ist so einzigartig – wie der Koran, und die Geschenkaktion der Salafisten ist so originell wie die der anderen Strenggläubigen. Also bitte keine unstatthaften Vergleiche! Koran-Aktion und Bildzeitungs-Aktion haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun.

Selbst der aufkommende Ärger über die beiden mutigen Missionierungsversuche sollte nicht miteinander verwechselt werden: Die CDU möchte die Verteilung des Korans verhindern, die Bildzeitungs-Gegner wollen dagegen die Verteilung der Bildzeitung verhindern, nicht umgekehrt! Beide Gruppen handeln eigenständig und völlig frei.

Apropos unvergleichlich: Da kriegen wir endlich mal was geschenkt (Kostenlos-Kultur!) und dann ist es auch wieder nicht recht.

 

P.S. Bei der Überschrift dieses Beitrags handelt es sich um die leichte Abwandlung eines Buchtitels. Der Autor des Buchs, ein weltlicher Missionsexperte, würde eine der beiden Aktionen höchstwahrscheinlich ablehnen. Wir verraten aber nicht welche. Erraten Sie’s?

 

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.