#Aktienoptionen

Gibt’s in Mali eigentlich Boni?

von , 22.3.09


Boni – wie die Kopf-Prämien in der Wirtschaft niedlicherweise genannt werden – sind dazu da, das Management nachhaltig auf den Unternehmenserfolg zu orientieren. Je höher die Renditen für die Aktionäre, desto höher die Boni. Doch leider gibt es in diesem ausgefeilten System keine Mali. Es gibt keine Abzüge vom Gehalt, wenn das Management versagt. Ob bei der Postbank oder der Deutschen Bahn, ob bei der Deutschen Bank oder der (Heiligen) Allianz – es ist ein fröhliches Abkassieren überall. Sogar die Manager der Hypo Real Estate halten ihr Täschchen auf, denn es ist ihnen egal, ob der Steuerzahler für ihr Versagen mal eben mit 100 Milliarden Euro geradestehen muss.

Was also hat es mit den sagenhaften Boni auf sich (die es in Mali nicht gibt)?

Ein kleiner Angestellter mag sich darunter ein kleines Zubrot vorstellen, eine Erfolgsprämie von fünf oder zehn Prozent auf’s Gehalt. Doch die Vorstandsgehälter der Dax-Konzerne setzen sich bereits zu zwei Dritteln aus Erfolgsprämien zusammen – und nur zu einem Drittel aus einem fixen Gehalt. Das hat gravierende Folgen für die Entscheidungen auf höchster Ebene.

Bis in die achtziger Jahre hatten sich die Einkommen der Manager weitgehend parallel zum Wirtschaftswachstum entwickelt. Erst seit den neunziger Jahren steigen ihre Einkommen in schwindel(!)erregende Höhen – vor allem bei den Banken. Verdiente ein Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank Anfang der 1970er Jahre etwa das 30-fache eines normalen Mitarbeiters, so verdient er heute das 300-fache.

Hatten sich die Prämien in den siebziger Jahren meist am Betriebsgewinn orientiert, so etablierten die Unternehmen Mitte der neunziger Jahre ein echtes Zockermodell: Aktienoptionen. Die Vorstandsmitglieder erhielten das Recht, eine bestimmte Zahl von Aktien des eigenen Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu kaufen, und zwar zu einem in der Gegenwart festgelegten (niedrigen) Preis.

Der Deal hatte allerdings einen Haken: Die Optionen durften nur dann eingelöst werden, wenn das Wertpapier 15, 20 oder 30 Prozent zulegte. Waren die Kursgewinne nicht hoch genug, schadete das den Managern aber keineswegs. Sie ließen ihre Optionsrechte dann einfach verfallen. Zu deutsch: Sie konnten immer volles Risiko laufen, denn verlieren konnten sie auf keinen Fall.

Dieses System ist ideal für Hasardeure.

Vor einigen Jahren wurden die Aktienoptionsrechte durch „Wertsteigerungsrechte“ abgelöst. Anlass für die Änderung waren nicht nur neue Rechnungslegungsvorschriften, sondern auch die bittere Erkenntnis, dass Unternehmen, die nur wenig eigene Aktien hielten, diese zu hohen Preisen an der Börse kaufen mussten, um die Optionsrechte ihrer Manager befriedigen zu können. Die Firma musste die Aktien des eigenen Unternehmens z.B. für 50 Euro pro Stück am Aktienmarkt kaufen, um sie anschließend für 30 Euro an die eigenen Manager (die ihre Optionsrechte wahrnahmen) abzugeben. Eine dumme Sache für Unternehmen und Aktionäre.

Konsequenz: Die tatsächlichen Aktienoptionen wurden durch virtuelle Aktienoptionen abgelöst. Die Manager erhalten keine Aktien mehr, sondern sie bekommen den Differenzbetrag zwischen dem in der Option festgelegten Kurs und dem aktuellen Börsenwert in bar ausgezahlt (Seither gibt es in Liechtenstein einen unerklärlichen Zuwachs an Stiftungen).

Um das eigene Management stabil auf riskantem Kurs zu halten, laufen die meisten Aktienoptions- und Wertsteigerungspläne über drei, fünf oder sieben Jahre.* Erst dann dürfen die Manager ihre Prämien genießen. Das heißt, die Besitzer binden ihren Eseln leckere Rüben vor die Köpfe, damit diese die Unternehmen auch wirklich stur in die Scheiße reiten.

Abgesegnet werden solche „Incentive-Pläne“ (Prämiensysteme) in den Aufsichtsräten. Doch die Tischvorlagen für diese Prämiensysteme werden von kleinen Zirkeln (absichtlich) so kompliziert formuliert, dass nur wenige Aufsichtsräte verstehen, was sie absegnen. (Das ist überhaupt das Grundprinzip der Krise: Produkte absegnen, die keiner versteht.)

Natürlich könnte man in Sachen Boni schnell und gründlich reinen Tisch machen. Man könnte verständlichere Gehaltsstrukturen für Manager entwickeln; Strukturen, die sich weniger an Aktienkursen als an echter Wertschöpfung orientieren.

Aber sowohl der Wirtschaftsflügel der CDU als auch die FDP und Teile der neuen „smarten CSU“ werden das verhindern. Sie spielen auf Zeit. Sie hoffen, dass transparente Strukturen in dieser Legislaturperiode nicht mehr durchgesetzt werden können.

*Der Kabinettsbeschluss vom 11.März, die Sperrfrist für die Einlösung der Aktienoptionen von zwei auf vier Jahre zu verdoppeln, ist reine Augenwischerei. Die meisten Sperrfristen gehen bereits heute von drei und mehr Jahren aus.

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