von Andreas Grieß, 12.5.10
Wir Studenten in Hessen protestieren mal wieder. Und wir spielen damit womöglich Roland Koch und seiner Regierungstruppe – gegen die der Protest eigentlich gerichtet ist – in die Karten. Das ist besonders traurig, denn der aktuelle Protest ist berechtigt. Mehr noch: Er ist zwingend notwendig: Das Land Hessen will die Bildungsausgaben kürzen. Und das nicht nur geringfügig: 30 Millionen Euro im Jahr sollen wegfallen.
Roland Koch sieht darin scheinbar sogar ein Vorbild für den Bund, forderte er doch unter anderen bei der Bildung Gelder zu kürzen. Ehrlich gesagt: Ich bekomme es mit dem Schrecken zu tun bei einem potentiellen Ersatz-Finanzminister, der so denkt.
Aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen, was gerade passiert und eins und eins zusammenzuzählen. Hier in Hessen plant Roland Koch, wie bereits erwähnt, deutliche Kürzungen. Bezüglich seiner Begründung zitiere ich hr-online:
Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verteidigte das geplante Abkommen mit den Hochschulen: Im vergangenen Pakt sei festgeschrieben worden, dass bei sinkenden Steuereinnahmen sich auch die Universitäten beteiligen müssten. Dies sei nun der Fall.
Zwar stimmt es, dass die Steuereinnahmen konjunkturbedingt zurück gegangen sind, die niedrigeren Steuereinnahmen sind zum Teil aber auch auf Regierungshandeln zurück zu führen. Allen voran ist hier das „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ zu nennen, das unter anderem Steuersenkungen für Hoteliers beinhaltet. Diesem Gesetz hat Kochs schwarz-gelbe Landesregierung im Bundesrat für Hessen zugestimmt! – Dieses „kleine“ Detail wird in der Regel leider nicht miterwähnt. Und so bereiten die aktuellen Proteste den Nährboden für den Taktiker Koch. Die womöglich kalkulierte Empörung vereinfacht es, Studiengebühren wieder einzuführen, aus „Sachzwängen“ wie es im Politikerdeutsch so schön heißt.
Unbeteiligte bekommen durch die Proteste vor Augen geführt, dass Geld im Bildungssystem fehlt und werden sagen, dass in dieser Not doch besser wieder Gebühren erhoben werden sollten. Die Landesregierung beharrt darauf, dass kein Geld da sei und „rettet“ dann die Hochschulen mit der Wiedereinführung von Studiengebühren. Die Hochschulen, vor die Wahl gestellt, Gebühren oder Geldmangel, würden in der Not vermutlich ebenfalls zustimmen.
Selbstverständlich würden wir Studenten in diesem Fall wieder protestieren. Doch wir hätten es dann umso schwerer. Schon immer war die „Verbesserung der Lehre“ das vorgeschobene Argument für Gebühren. Wenn man den Geldmangel an Unis vorher als Studentenschaft noch thematisiert hat, würde dies sicher auf die Kurzformel „schlechte Studienbedingungen oder Studiengebühren“ herunter gebrochen und wir Studenten als ewige Nörgler da stehen.
Dass es auch anders geht, wird schnell vergessen. Ich möchte daher dafür plädieren, die Informationen und Zusammenhänge um die aktuellen Kürzungen sowie die Standpunkte der Studierenden und Hochschulen dazu (meine Hochschule lehnt die Pläne übrigens ab) deutlich und verständlich an möglichst viele Bürger zu bringen.
Ich befürchte nämlich, dass die jetzigen Kürzungen andernfalls nur ein Schritt auf dem Weg zur Wiedereinführung von Studiengebühren sind. Und diese würden die Lehrbedingungen nicht verbessern, sondern bestenfalls erhalten, während Bund und Länder sich entlasten (oder sollte ich sagen, sich aus der Verantwortung stehlen) und anderswo Steuergelder verschenken.
PS: Nachfolgende BITKOM-Grafik passend zur Thematik stelle ich mal ohne weitere Kommentierung in den Raum: