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Rivva: Die verfehlte Schadenfreude der F.A.Z.

von , 6.5.09


“Der Fluss wird trockengelegt” formuliert die FAZ und man kann förmlich hören, wie eine Welle der Erleichterung über diese Trockenlegung durch die Redaktion der Zeitung zieht. Die Metapher “Fluss” bezieht sich dabei auf Rivva, den Memetracker von Frank Westphal, dessen weitere Entwicklung er in diesen Tagen leider eingestellt hat.

Schade nur, dass man bei der FAZ nicht so recht zu wissen scheint, was ein Memetracker eigentlich ist. Denn Jörg Thomann, der Autor des Artikels, vergleicht Rivva mit Google News und liegt damit gründlich daneben (Google News gehört zu den Aggregatoren).

Überhaupt verwundert die kaum verhohlene Polemik und Schadenfreude darüber, dass auch im Web das eine oder andere Projekt nicht weitergeführt wird. Das ist nur natürlich und muss nicht zwingend eine “Sinnkrise” in der Blogosphäre zur Folge haben.

Die merkwürdige Sicht der FAZ verwundert aber umso mehr, wenn man weiß, dass Rivva eine Art Brücke zwischen neuen und alten Medien ist. Denn Rivva registriert nicht nur die Verlinkungen der Blogs untereinander, sondern natürlich auch Links von Blogs auf klassische Medien (und umgekehrt). Besonders gut sichtbar wird das in der Liste der Leitmedien, die zeigt, welche Quellen besonders häufig verlinkt werden.

Die FAZ steht in diesen Leitmedien sehr gut da: Mit 5 Platzierungen unter den ersten 100 (die Zeitung selbst auf Rang 7, der Netzökonom auf 11, das Fernsehblog auf 63, Chaos as usual auf 65 und die Stützen der Gesellschaft auf 95; Stand: 05. Mai 2009) liegt sie weit vor allen anderen Zeitungen.

Die Leitmedien machen zudem deutlich, dass Rivva gerade nicht ein subjektives Medium ist, mit dem Frank Westphal “Themen der unter Bloggern gern geschmähten traditionellen Medien präsentierte”. Denn präsentiert hat er gar nichts: Der Algorithmus von Rivva wertet die Verlinkungen autonom aus und zeigt in der Folge die Ergebnisse auf der Hauptseite automatisch an. Ganz oben steht, was besonders häufig verlinkt wird, egal ob Blog oder traditionelles Medium. Rivva funktioniert also ganz ohne (menschliche) Redaktion.

Die werten Leser und klugen Köpfe hinter der FAZ werden Jörg Thomann die verfehlte Schadenfreude schon nachsehen. In der Redaktion aber könnte man künftig etwas genauer hinschauen, denn schließlich fühlt man sich doch dem Qualitätsjournalismus verpflichtet — auch wenn es um das Internet geht.

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