#Bezahlinhalte

Die lausigen Pennies

von , 1.12.09

Das Bemerkenswerteste an der zunehmenden Diskussion um Bezahlinhalte im Netz ist die Tatsache, dass es im Internet kein Geld gibt. Bei etwas größeren Beträgen fällt das nicht so auf. Der ganze E-Kommerz hat einfach die altbewährten Überweisungsmodelle des Versandhandels übernommen, und für materielle Waren funktioniert das auch ganz gut. Bei digitalen Gütern hat sich eine Neigung herausgebildet, es erst einmal umsonst zu versuchen. Bei Software oder Musik ist das manchmal verboten, ein Geschäftsmodell wie Apples iTunes Store zeigt aber auch, dass es erfolgreich anders geht. News und Zeitungsartikel dagegen stehen weitgehend frei im Netz – noch.

Das Netz ist das erste Massenmedium in der Geschichte, das nicht aus einem kommerziellen Zusammenhang hervorgegangen ist. Das WWW war ursprünglich als Werkzeug zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit gedacht. Das, was manche heute als “Geburtsfehler” des Internet sehen wollen, hat zu tun mit der ethisch bedingten antikommerziellen Grundhaltung von Wissenschaftlern, die das Netz in den ersten Jahren getragen haben. Ein studentisches Lieblingsprojekt zur Weltverbesserung, nämlich die Abschaffung des Geldes, ist, wie wir nun sehen, erstaunlich erfolgreich verlaufen – zumindest was das Kleingeld betrifft.

Ein Buch um 15 Euro bei Amazon zu kaufen – kein Problem. Aber wenn es darum geht, schnell mal einen Zeitungsartikel für 30 Cent mitzunehmen, wird es unerwartet schwierig. Dieses digitale Kleingeld aber, die “lousy pennies”, wie der Verleger Hubert Burda sie nennt, ist der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg im Netz. Eines der wesentlichen Merkmale des Medienwandels ist nämlich, dass sich Massenmedien nun in Medienmassen verwandeln. Die Angebote werden vielfältiger und zugleich kleinteiliger. Und niemand will sich, nur um 30 Cent zu bezahlen, erst hier und da und dort umständlich registrieren müssen.

Bestes Beispiel für den Makro-Erfolg dieser neuen Mikrokultur ist die SMS. Die besten Abrechnungsmodelle für Kleinbeträge haben die Netzprovider und Telekoms in der Hand, da der Netzzugriff prinzipiell kostenpflichtig und die monatliche Abrechnung standardisiert ist. Und ob ein Online-Anbieter eine Provision an eine Kreditkartenfirma, an PayPal oder an einen Netzbetreiber entrichtet, ist eher zweitrangig, wenn dadurch ein solches System für Nutzer überhaupt akzeptabel würde.

Stattdessen will nun erst einmal die Deutsche Post Verlagen dabei helfen, Bezahlmodelle im Internet zu entwickeln. Das soll mit Hilfe des sogenannten “Online-Briefs” geschehen, mit dem sich rechtsverbindlich E-Mails und damit natürlich auch Zahlungsanweisungen verschicken lassen. Na, mal sehen.

Außer dem Kleingeld fehlen übrigens im Netz auch weitere fundamentale Einrichtungen, die uns heraußen in der Welt der Dinge selbstverständlich sind, etwa der Zeitungskiosk. Aber das nur am Rand.

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Diesen Beitrag schrieb Peter Glaser für seine Glaserei. Wir crossposten ihm mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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