#Kommentarregeln

Der Herr Meyer. Über sehr schlechte Manieren im Netz

von , 5.8.09

Vor einer Woche schrieb ich einen Beitrag über die „Rückkehr des Autorenjournalismus“ für Carta. Die Redaktion illustrierte den Text mit einem Bild von Rainer Meyer, der sich im Netz als „Don Alphonso“ bezeichnet. Es war ein gutes Autoren-Porträt in Schwarz-Weiß: Meyer in Pose neben dem Kotflügel eines Automobils. Die Redaktion hatte das Foto von einer Website genommen. Es war Bestandteil der Verkaufsförderung für ein Meyer-Buch. Ein Promotion-Foto.

Die Verwendung des Fotos missfiel Herrn Meyer. Das ist sein Recht. Es wäre also sinnvoll gewesen, die Redaktion anzurufen, und um Entfernung des Fotos zu bitten. Das tat Herr Meyer aber nicht.

Stattdessen erhielt ich am Abend des 1. August eine Mail von Rainer Meyer mit der fetten Betreffzeile: „Ihr Klau meines Bildes“. Keine Anrede, keine Grußformel. Dazu der Text: „Ist das die Adresse, an die meine Rechnung gehen kann?“ Es folgte meine Privatanschrift. Zeitpunkt der abgeschickten Mail: 19.06 Uhr.

Eine Minute später, um 19:07 Uhr, stellte Meyer ein gleich lautendes Schreiben mit Nennung meiner vollen Adresse ins Netz. Das heißt, er wollte meine Antwort gar nicht abwarten, sondern gleich drauflos denunzieren, nach dem Motto: Hier wohnt der Verbrecher. Meyer glaubte offenbar, es erhöhe die einschüchternde Wirkung, wenn er mich öffentlich als Urheberrechtsverletzer und Bilderklauer an den Pranger stellt.*

Natürlich hätte Meyer den Sachverhalt klären können. Er hätte ins Impressum schauen und bei Carta anrufen können. Er hätte auch mich anrufen können. Meine Adresse hatte er sich ja besorgt. Stattdessen beschuldigte er mich einfach des Klauens.

Als ich die Mail entdeckte – am Samstag, 22.00 Uhr -, antwortete ich, er solle doch vorsichtig sein mit Tatsachenbehauptungen. Ich wies ihn darauf hin, dass ich als freier Autor nicht für die Bildauswahl verantwortlich bin. Er möge sich bitte an die Redaktion wenden. Ich schrieb tatsächlich „bitte“! Außerdem teilte ich ihm mit, dass ich versuchen würde, die Redaktion zu informieren (was ich auch tat).

Daraufhin mailte er allen Ernstes zurück, es sei ihm „egal“, wer der Verantwortliche sei. Er schrieb nicht etwa: Tut mir leid, dass ich Sie verdächtigt habe, das war ein bedauerlicher Fehler. Er schrieb, um das Maß voll zu machen, am selben Abend einen Blog-Kommentar, in dem er behauptete, auch der Medienjournalist Peter Turi habe mal seinen Job in einer solchen Angelegenheit verloren. Ich fragte Herrn Meyer, ob er keinen Anstand besitze. Er ließ die Frage unbeantwortet.

„So ist er halt, unser Fonsi“, sagen manche, die ich gefragt habe. Sie zucken resignierend die Achseln und schauen weg. Sie sind irgendwie Fonsi-müde. Und so verkommen die schönen Kommentarregeln und sonstigen Selbstverpflichtungen zu ein paar hübschen, aber belanglosen Fußnoten.

*Seine Verleumdung hat Rainer Meyer indirekt eingestanden: Die „angedrohte“ Rechnung für das Foto ist mir bis heute nicht zugegangen.

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