“CCC hängt bei Netzthesen hinterher”

von , 26.7.10

Stefan Herwig, Labelchef und Strategieberater für Kreativwirtschaftsunternehmen, kommentiert auf gulli.com die Netzthesen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und dem Chaos Computer Club.

Zu den Thesen des Innenministers meint er:

Er stellt Thesen auf, die als sicherer Unterbau für einen Rechtsrahmen gelten können, der gesamtgesellschaftliches Handeln, sicheres Operieren und faires wirtschaften im gesellschaftlichen Netzraum auf Dauer ermöglichen soll. Er fordert eine sinnvolle Balance zwischen Anonymität und Identität, eine Verantwortung auf Anbieterebene für Inhalte und Geschäftsmodelle, eine Stärkung der individuellen Selbstregulierung, sowie höchstens ein minimalinvasives Eingreifen der Legislative wenn es um neue Gesetze geht. Das sind Thesen die sich erstaunlich nahe am bisherigen Leitbild der Netzkultur bewegen. Es sind Thesen, auf die man sich eigentlich einigen könnte.

Der CCC hingegen betreibe Klientelpolitik für digital natives. Die einzelnen Thesen empfindet Herwig als rückwärtsgewandt. Beispielhaft nennt der die Forderung nach einem Recht auf Anonymität. Problematisch findet er, dass Anonymität für viele gesellschaftliche Unzulänglichkeiten, also Verleumdung, Urheberrechtsverletzung, Spam und klassische Internetkriminalität sei:

Für diese realen Herausforderungen bietet der CCC jedoch in seinen Netzthesen keinerlei Lösung. Auch die Haftung für Inhalte im Internet will der Chaos Computer Club auf keinen Fall ausgedehnt sehen, sowohl auf Seiten der Zugangsanbieter als auch auf Seiten der Websitebetreiber. Youporn und Rapidshare wird das sicherlich freuen. Für Jugendschutz, für Persönlichkeitsrechtsschutz sowie die gesamte Kreativwirtschaftwirtschaft wäre die Umsetzung dieser Forderungen jedoch verheerend.

Eine überschätzte Forderung ist seines Erachtens die Netzneutralität:

Wenn wir Netzneutralität zur Forderung erheben, sollten wir uns vorerst fragen, ob nicht zum Beispiel der Google Suchalgorithmus die größere systemische Gefahr für Netzneutralität ist, als Internet Service Provider, die Skype ungefragt auf mobilen Rechnern unterdrücken. Was nützt uns der netzneutrale Zugang auf einen Informationsraum, der möglicherweise schon an der Quelle mehr verzerrt wurde, als er neutral abbildet? Ein neutraler Zugang zu einem verzerrten Inhalt ist womöglich problematischer als ein verzerrter Zugang auf einen neutralen Inhalt.

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