#Nikolaus Brender

Carta unterstützt www.brender-muss-bleiben.de

von , 6.3.09


Beim Ringen um ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender geht es inzwischen immer weniger um die Sache oder den Journalismus – sondern eigentlich nur noch: um die Inszenierung von parteipolitischem Durchgriff beim ZDF bzw. die Markierung einer gewissen Unabhängigkeit des ZDF. Wie wir schon gesagt haben: Auch unter Nikolaus Brender mutierte das ZDF nicht zu einem Chorknabenverein der journalistischen Unabhängigkeit, aber Brender ließ sich augenscheinlich weniger parteipolitischen Einfluss gefallen als nach den “Spielregeln” vorgesehen (mehr hier).

In den gestrigen Debatten im Bundestag und im hessischen Landtag zeigte sich die Union wenig geneigt, von ihren Machtansprüchen beim ZDF abzulassen. Kurt Beck glaubt, dass eine Mehrheit für Brender kaum noch zu erreichen sei. Und Hans-Peter Siebenhaar meint, dass ZDF-Intendant Markus Schächter eigentlich zurücktreten müsse, wenn die Union ihm seinen Personalvorschlag Brender aus der Hand schlägt. Mit anderen Worten: Weder Beck noch Schächter könnten Brender offenbar noch retten und die CDU sägt weiter an seinem Stuhl (wenn es die SPD täte, wäre es genauso schlimm).

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Also kann nur noch das Internet Brender retten? Adrian Hönig von einer kleinen Webdesign-Firma in Rastatt ist der Meinung und hat die Sache in die Hand genommen. Unter www.brender-muss-bleiben.de hat er einen offenen Brief an Markus Schächter veröffentlicht und bittet um Unterschriften. Wir von Carta unterstützen den Wortlaut des Briefs und die Aktion ausdrücklich.

“Ich will etwas gegen diesen unerhörten Eingriff in die Rundfreiheit tun”, sagt uns Hönig. “Politische Machtspielchen gehören nicht in den  ZDF-Verwaltungsrat, sondern in die Parlamente. Das Internet ist das Medium, in dem sich solch ein Postest organisieren lässt. Durch seine Offenheit ist es eigentlich das demokratischste aller Medien.”

Der Ansatz, Brender mit einer Online-Petition zu unterstützen, folgt genau dem Ansatz des US-Medientheoretiker Clay Shirky, der in der Organisation von thematischem Protest (“publish for action”) einen zentralen Vorteil des Internets sieht. Möglicherweise ist der Fall Brender nicht öffentlichkeitsträchtig genug, um eine wirkliche Protestwelle auszulösen (Wer kennt schon Brender und wer weiß, wie er gewirkt hat?). Vielleicht aber doch. Wir sind sehr gespannt, wie sich die Zahl der Unterzeichner entwickelt. Alles unter 1.000 wäre ein Reinfall. Zur Zeit steht der Zähler bei 127.

Hier ist der Wortlaut der Petition, die man hier unterzeichnen kann:

Offener Brief an den ZDF-Intendanten Markus Schächter

Sehr geehrter Herr Schächter,

als Ihre Zuschauer begrüßen wir den Entschluss, die Amtszeit von Nikolaus Brender als Chefredakteur des ZDF zu verlängern.

Herr Brender hat in seiner Amtszeit eine hervorragende Arbeit geleistet und trägt zur guten und unabhängigen journalistischen Berichterstattung im ZDF in hohem Maße bei.

Den Widerstand des ZDF-Verwaltungsrates gegen Ihre Personalentscheidung halten wir für eine falsche und äußerst gefährliche Einmischung der Politik. Das ZDF ist als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine wichtige Stütze unseres demokratischen Systems. Dass nun Mitglieder des Verwaltungsrates aus – so scheint es – politischen Gründen versuchen, diese Personalentscheidung ihrem eigenen Willen und ihren eigenen politischen Absichten unterzuordnen, ist unerhört.

Nachdem bereits hochrangige Mitarbeiter des ZDF, darunter Peter Frey, Claus Kleber und Maybrit Illner, Ihnen in einem offenen Brief Rückhalt zugesichert haben, wollen nun auch wir als Zuschauer Ihnen mitteilen, dass wir hinter Ihnen stehen. Lassen Sie sich nicht von der Politik unter Druck setzen und bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung. Bleiben Sie standhaft zum Wohle des Qualitätsjournalismus, standhaft zum Wohle der Pressefreiheit und standhaft zum Wohle unsere Demokratie.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Zuschauer und Bürger

Man kann Adrian Hoenig und www.brender-muss-bleiben.de hier auf Twitter folgen.

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