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Barack Obama: Auf dem Weg zum Präsident 2.0

von , 5.11.08

Nach einem etwas holprigen Start war in der Wahlnacht relativ schnell klar, dass sich die in den zahlreichen Meinungsumfragen erhobenen Daten auch einigermaßen exakt in Wahlergebnisse übersetzen würden. Nach den “calls” der umstrittenen Bundesstaaten Pennsylvania und Ohio ging es (beinahe) nur noch um die Höhe des Erfolges – mit 349 zu 163 “electoral votes” scheint es der von vielen erhoffte “landslide victory” geworden zu sein. Ein näherer Blick zeigt aber, dass es nach wie vor eine deutliche Spaltung des Landes in zwei annähernd gleich große Lager zu geben scheint: das “popular vote” hat Obama zwar ebenfalls für sich entscheiden können, jedoch mit 53 Prozent zu 47 Prozent weitaus knapper als den Kampf um die Wahlmännerstimmen. Das entspricht einem Vorsprung von ca. 7 Millionen Stimmen, gemessen an der hohen Wahlbeteiligung von ca. 134 Millionen abgegebenen Stimmen ist dies ganz sicher nicht der von vielen beschworene “landslide victory” – es ist ein Sieg, der durch punktuelle Gewinne an den richtigen Stellen zu einer komfortablen Mehrheit im “Electoral College” geführt hat.

Das spricht zunächst einmal dafür, dass die Demokraten ihre Lektion aus den letzten beiden Niederlagen gelernt haben: die “Rovian politics“, also das gezielte Steuern der Kampagne in die besonders umkämpften und besonders wahlmännerstarken “battleground states” wurde nun von der Obama-Kampagne erfolgreich umgesetzt – Karl Rove, Mastermind hinter den Bush-Kampagnen hat dies erkannt und früh am Wahlabend den Obama-Erfolg akzeptiert. Auf der anderen Seite zeigt sich hier, dass die beiden Lager doch näher beinander liegen, als es die Stimmenanteile im häufig kritisierten Wahlmännergremium suggerieren. Unterstützt wird diese Situtation zum einen durch die Lage im Senat, der zwar ebenfalls in demokratischer Hand bleibt, aber eben doch nicht so deutlich wie dies vielleicht erhofft oder erwartet wurde. Das deutlichste Zeichen sind jedoch die Resultate einiger “ballot measures” auf Bundesstaatsebene, die eher in Richtung republikanischer Politikideen zielen: insbesondere der “Gay Marriage Ban” in Florida und Kalifornien verträgt sich nicht so recht mit dem bisweilen vorschnell ausgerufenen Ruck nach links.

Dennoch dürfte sich mit dem Einzug von Barack Obama ins Weiße Haus einiges ändern, dafür wird besonders auch die innovative Organisation der Wahlkampagnen unter Zuhilfenahme neuer Medien sorgen. Gerade in den letzten Tagen vor der Wahl verzeichnete die Online-Unterstützerschaft, z.B. auf Facebook, noch einmal gewaltige Zuwächse und auch das Netzwerk hinter der Website mybarackobama.com war bis zum Tag der Stimmabgabe eine der wichtigsten Ressourcen für die Mobilisierung der demokratischen Wählerbasis. Insofern war es wenig überraschend, dass bis tief in den Wahlabend hinein auf der Homepage noch zur Stimmabgabe und der Nachbarschafts-Aktivierung aufgerufen wurde – auch dann noch, als alte und neue Medien Obama einmütig zum Wahlsieger erklärt hatten.

Ein wichtiges Element in der nun anstehenden “transition period” bis hin zur Vereidigung des 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten am 20. Januar 2009 wird die Diskussion um die künftige Nutzung der neuen Machtressource Internet sein. Dass die Online-Wahlkampagne von Barack Obama neue Maßstäbe bei der Einbindung freiwilligen, externen Sachverstandes eine große Rolle bei der Verbreiterung der Aktionsbasis gesetzt hat, ist inzwischen fast schon “common sense”. Noch gänzlich ungeklärt ist dagegen die Frage, was nach dem Wahlsieg mit den enormen Mengen der digital eingeschriebenen Unterstützer geschieht. Kaum denkbar erscheint eine Integration in die vorhandenen Parteistrukturen, bestenfalls eine lose Ankopplung an die lokalen Machtzentren könnte gelingen – die Organisation entlang der Bundesstaaten und kleinerer geografischer Einheiten könnte diese Verbindun begünstigen. Aber es sind auch andere Lösungen denkbar, die schon vorhandene Organisationsstrukturen ignorieren und sich teilweise im Rahmen selbstorganisierter Prozesse (wie etwa unter Obama-Unterstützern in Connecticut) entwickeln. An dieser Stelle ist auch die Organisation des “Presidential Office” zu beachten, es ist gut denkbar, dass eine Art “Internet-Abteilung” eingerichtet wird, die mit besonderer Aufmerksamkeit die Nutzung digitaler, interaktiver Technologien innerhalb des Regierungsapparates, im Dialog mit Obama-nahen Gruppen aber auch mit der breiten Öffentlichkeit koordinieren könnte.

Auch mit Blick auf die konkrete Organisation moderner Regierungstätigkeit steht das neue Personal im Weißen Haus also vor großen Aufgaben: eine der ersten ist die Transformation einer überaus erfolgreichen, bürgerbasierten Online-Kampagne allmählich in “Presidential Politics 2.0”.

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