von Wolfgang Michal, 17.2.13
„Ausgeliefert. Leiharbeiter bei Amazon“ ist ein starkes Stück. Es zeigt die Auswirkungen der deutschen Euro-Rettungs-Politik. Tausende von Arbeiterinnen und Arbeitern, die zuhause in Spanien, Polen oder Ungarn keine Arbeit mehr finden, verdingen sich als Wanderarbeiter in Deutschland. Denn der Internet-Riese Amazon bevorzugt in seinen sieben deutschen Logistikzentren Aushilfen mit befristeten Zeitverträgen. Der 30-Minuten-Film berichtet von Stundenlöhnen von 8,52 Euro brutto, Unterbringung in Sammelunterkünften wie Motels oder Ferienparks, Kaltverpflegung, 15 Tage Arbeit am Stück ohne Ruhetag, Überwachung und Kontrolle der Beschäftigten durch ominöse „Security“-Firmen (H.E.S.S.!)
Der Film schließt nahtlos an die Praktiken der Firma Foxconn an, jener „verlängerten Werkbank“, die in China für den US-Computer-Konzern Apple iPhones und iPads zusammenschraubt.
Die Netzpolitiker und die Konsumenten reagieren bisher eher verhalten auf diese Enthüllungen. Kein Shitstorm, kein Protest – während die Tageszeitungen mit außergewöhnlich umfangreicher (und sicher nicht ganz uneigennütziger) Berichterstattung reagieren. Bleibt die Frage: Ist die reale Arbeitwelt ein netzuntaugliches Thema, sind die Vorwürfe (im Vergleich zu den Praktiken anderer Unternehmen, die Leiharbeiter beschäftigen) nichts Besonderes oder empfindet man den Angriff auf die Geschäftspraktiken der beiden Internet-Unternehmen als Angriff medialer Konkurrenten auf das Netz?
Update 18.2.: Die Doku wird, wie die ARD mitteilt, nicht bereits nach 7 Tagen depubliziert, sondern steht, wie andere Dokumentationen, 12 Monate im Netz