Legitimation durch Transparenz: Warum Carta den Lobbyisten-Bericht veröffentlicht

von , 17.4.09


Man glaubt nicht, was in diesem Land alles geheim ist: Der Etat der Tagesschau-Redaktion? Geschäftsgeheimnis des NDR. Ein Bericht  über die Tätigkeit von Lobbyisten in Bundesministerien, ausgestattet mit weiträumigen Ausnahmen? Wird als Ausschussdrucksache des Deutschen Bundestages nicht öffentlich (mehr hier).

In Deutschland gibt es zwar ein Informationsfreiheitsgesetz. In der politischen Realität aber findet Machtausübung noch immer auf Basis von Geheimnistuerei statt. Der neue Rundfunkstaatsvertrag zum Beispiel, ein Gesetz das zentral für die digitale Medienordnung der Zukunft ist: Der Vertrag wurde zwischen den Ministerpräsidenten vereinbart, ohne dass der endgültige Entwurf jemals zur öffentlichen Diskussion stand. Nun müssen 16 Länderparlamente ein Gesetz abnicken, das vor seiner Ausformulierung nie ein Abgeordneter lesen konnte.

Solche politischen Riten und Methoden mögen zum autoritären Verbändestaat der 50er und 60er Jahre gepasst haben. Zum Internetzeitalter passen sie nicht. Das Netz erlaubt die Veröffentlichung aller relevanten Parlaments- und Regierungsdokumente. Auf diese Weise kann die Verkündungsdemokratie wieder in eine Beteiligungsdemokratie umgewandelt werden. Ansätze, wie die Website zum amerikanischen Recovery-Plan, sind hier wegweisend: Es wird der Versuch unternommen, den Bürger so transparent wie möglich über Gesetz und Ausführung zu informieren.

Im Netzzeitalter wird Amtsgeheimnisdünkel zum für jedermann offensichtlichen Demokratiedefizit. In der Demokratie des 21. Jahrhunderts aber gewinnt Politik Legitimation und Macht durch Transparenz, nicht durch Hinterzimmer-Diplomatie. In der deutschen Politikadministration ist das – bei aller Obama-Begeisterung einiger Wahlstrategen in den Parteien – noch immer nicht angekommen.

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