Zur Zukunft der Medien: Geschäftsmodell dringend gesucht!

von , 2.2.09

Lange Zeit hatten es die Zeitungen mit dem Internet nicht gerade eilig, nun läuft ihnen die Zeit davon: Die Wirtschaftskrise hat den Mediensektor kalt erwischt, weil die Cash Cows (Print) jetzt nicht nur abmagern, sondern eher schon schmelzen wie der Schnee in der Sonne. Demgegenüber entwickeln sich die Stars (Onlinemedien) nicht schnell genug zu Cash Cows (um im Bild der BCG-Matrix zu bleiben).

Clay Shirky dürfte denn auch nicht übertrieben haben, als er im Gespräch mit dem Guardian für 2009 vorhersagte, dass es ein Blutbad geben werde ( “2009 is going to be a bloodbath.”). Der eine oder andere Verlag wird den Spagat zwischen dem wegbrechenden “alten” Geschäft und dem Anlauf “neuer” Geschäftsmodelle nicht durchhalten, andere werden einen hohen Preis dafür bezahlen müssen.

Journalismus in der Dauerkrise?

Markus Peichl (im Carta Interview) sorgt sich deshalb um die Zukunft des Journalismus und steht damit nicht allein: Allenthalben kann man jetzt Mahnungen (und Abgesänge) lesen, so etwa auch von James Warren (in einem Gastbeitrag in The Atlantic).

Je schlimmer die Krise wird, desto mehr fokussieren sich die Medienexperten aber genau darauf, woher die Lösung des Problems sicher nicht kommen wird: Nämlich vom Journalismus selbst. Dieser war mehr oder weniger immer schon ein Zuschussgeschäft, das im Wesentlichen durch Werbung querfinanziert wurde. Im Zeitalter des Internets gilt es nun, neue Wege der Finanzierung zu suchen.

Kompetenz in Sachen Internet?

Dabei rächt sich jetzt, dass viele Verlage das Internet lange nur mit spitzen Fingern angefasst und zu wenig Kompetenz auf diesem Gebiet aufgebaut haben. Denn so erfreulich sich eine aktuelle Studie von Steffen Büffel und Sebastian Spang (media-ocean) zur Entwicklung der Onlineangebote von Zeitungen liest, so sehr zeigen die erhobenen Daten auch, dass sich viele Verlage nur im Schneckentempo der Situation im Internet stellen.

Ein Schlüssel zur Zukunft etwa ist die Kommentarfunktion (zu einzelnen Artikeln). Denn das Internet ist eben durch seinen Rückkanal und die damit verbundene Möglichkeit zum Dialog entscheidend charakterisiert. Laut Studie “wagen” aber erst 45 % der Zeitungswebsites eine Kommentarfunktion zu ihren Artikeln und das oft genug noch verbunden mit einer Registrierungspflicht.

Das sagt viel aus über die Denkweise in dieser Branche und darüber, wie wenig man von Blogs gelernt hat bzw. zu lernen bereit ist. Mit dieser Einstellung werden Verlage im Internet nicht weit kommen. Aber vielleicht ist ihnen ja auch die “Stütze vom Staat” lieber?

Geschäftsmodelle im Internet

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: Es gibt funktionierende Geschäftsmodelle im Internet. Wer sich hier auf die Suche macht, darf nur nicht allein bei den populären Web 2.0 Startups schauen, weil diese sich meist auf Einnahmen durch Werbung verlassen.

Das aber ist wenig originell und die Zeitungsverlage wären schlecht beraten, ebenfalls nur auf diese Schiene zu setzen. Interessanter sind da schon die Konzepte, bei denen Firmen ein Basisangebot kostenlos anbieten und erst für einen größeren Funktionsumfang Geld verlangen.

Beispiele gibt es im Bereich Software as a Service (Saas) genug: Etwa PBwiki (Wiki Software), Zoho (eine Officelösung) oder auch Google Apps (ebenfalls eine Officelösung). In diese Kerbe schlägt übrigens auch Chris Anderson, der dazu gerade ein neues Buch (Titel: “Free”) schreibt.

Mehrwertkonzepte für Medien

Damit ist aber nicht gemeint, dass Zeitungen nur einen Teil ihrer Artikel kostenlos anbieten sollen. Vielmehr sollten sie diese vollständig kostenlos ins Netz stellen und Mehrwertdienste in Ergänzung dazu entwickeln. Insbesondere meine ich damit Konzepte im Bereich des Decision Enabling und der Prediction Markets.

Wer das für abwegig hält, muss sich nur einmal intensiver mit Xing befassen. Auf den ersten Blick ist dies eine Plattform für geschäftliche Kontakte. Bei näherem Hinsehen sieht man aber, dass dort zu vielen Themen engagierte Diskussionen stattfinden. Xing hat also durchaus etwas mit “Nachrichten” zu tun und das umso mehr, seit dem man das amerikanische Startup Socialmedian aufgekauft wird. Wozu wohl wird Xing so einen Aggregator für Nachrichten brauchen können?

Bitte mehr Fantasie!

In der aktuellen Situation sollten die Verlage also nicht den Kopf verlieren, sondern mutiger die Möglichkeiten im Internet sehen und angehen. Und wer beantworten kann, wozu Xing wohl Socialmedian aufgekauft hat, ist schon auf dem richtigen Weg

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