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Spenden bei Flattr statt Paywall: Einfachheit als Motiv

von , 5.7.10

In den jüngsten Zahlen hat sich wieder gezeigt: Es gibt bei Flattr einige große Player wie die taz, die einen Löwenanteil der Einnahmen erzielen. Das sicher nicht zu Unrecht, ihnen ist das Geld zu gönnen. Aber werden die Einnahmen weiter fließen?

Oder werden sich bald diejenigen Flattr-User zurückziehen, die auf eigene Einnahmen hofften, diese jedoch nicht erzielen, wie es Sascha Lobo befürchtet? In seinem Beitrag „Warum ich nicht flattre“ bemängelt er, dass die Betreiber von kleinen Blogs draufzahlen und nur eine Hand voll größerer wirklich Gewinne erwirtschaftet. Sascha Lobo bedenkt jedoch nicht, dass Flattr zwar Spenden-Empfänger und Spender gleich behandelt, aber nie dazu gedacht war, nur „Gewinner“ hervorzubringen, sondern eher dazu dienen soll, Spenden zu vereinfachen. Schöner wäre daher ein Text „Warum ich nur als Leser flattre“.

Denn: Ob Flattr auf Dauer ein Erfolg wird, wird maßgeblich davon abhängen, ob es genug User gibt, die Flattr ausschließlich oder in erster Linie dazu nutzen, Inhalte zu honorieren und nicht nur auf eigene Einnahmen schielen. Doch gibt es diese Leute? Auch ich war skeptisch, doch ich habe welche gefunden und sie haben mir erzählt, warum sie Flattr nutzen.

Thomas ist einer von ihnen. Er studiert mit mir Online-Journalismus und ist freier (Medien-)Journalist. Daher weiß er natürlich um die Probleme, Qualitätsjournalismus zu finanzieren, vor allem im Internet. Diese sind für ihn ein wichtiger Beweggrund:

Journalismus ist eine Ware, genauso wie Brötchen. Ich bin überzeugt, dass wir irgendeine Form von Paid-Content brauchen werden, wenn wir Qualitätsjournalismus im Internet lesen wollen. Ich zahle lieber direkt für Medien als indirekt über Werbung. Auch weil Anzeigenkunden Druck auf Medien ausüben.

Von Flattr erfahren hat Thomas übrigens zuerst im Medium Magazin. Doch erst als mit der taz auch die erste klassische Nachrichtenseite einstieg, legte Thomas sich seinen Account an.

Auf golem.de erfuhr Achim von Flattr. Er betreibt zwar selbst ein kleines Blog, hat sonst aber eine deutlich stärkere Distanz zum Journalismus als Thomas. Achim sieht sich nicht als Journalist und will auf diese Weise auch nicht sein Geld verdienen. Als „Konsument“ sei für ihn das Internet das wichtigste Medium. Er schrieb mir:

Zeitungen auf Papier mochte ich noch nie, Nachrichten in Fernsehen und Radio sind mir meist zu oberflächlich, wenn sie mich interessieren und gleichzeitig zu langweilig, wenn sie mich nicht interessieren. Gerade diese gezielte Suche nach weiteren Informationen macht für mich Newsangebote im Internet so wertvoll.

Um danke zu sagen, sei Flattr da ein willkommenes Werkzeug:

Ich nutze oft und gern die freien Angebote von Menschen/Unternehmen, die mit dem Journalismus Geld verdienen wollen. Flattr ist einfach eine schöne einfache Art und Weise etwas zurück zu geben. Und ich gebe auf diese freiwillige Art auch gerne mehr, als ich für ein erzwungenes Abo bereit wäre zu zahlen.

Achim meint, dass Nachrichten nicht hinter Bezahlschranken gehören und er sich das Modell von Flattr auch für andere Medien vorstellen könne.

Ich hörte in einem Gespräch über Flattr einmal das Argument, dass sich wohl kaum jemand einen Account macht, nur um „spenden“ zu können. Zudem sei dies vielen zu umständig und es sei lästig, einen weiteren Account, neben E-Mail und wohlmöglich verschiedenen „Social Networks“ zu haben. Auch bei der taz wurde von einigen Lesern angefragt, warum Flattr als Mittler dazwischen sein müsse und ob es nicht möglich sei, das Geld direkt zu überweisen, ohne dass eine dritte Partei ihren Anteil abstreicht – die taz ermöglichte dies dann durch die Angabe ihrer Kontonummer.

Durchaus nachvollziehbare Gedanken. Daher habe ich Thomas und Achim auch dazu befragt. Ihr Beweggrund, Flattr zu nutzen, statt direkt zu spenden, lässt sich dabei vor allem mit folgendem Punkt zusammen fassen: Man muss nur einmal überweisen. Flattr sei nur eine einzige Überweisung, die Belohnung per Überweisung wäre viel umständlicher, meint Thomas, der sich zudem vom Prepaid-Charakter angetan zeigt. Und Achim dazu:

Habe ich einen Flattr-Account, kann ich bei allen mit einem Klick spenden, die einen flattr-Knopf anbieten. Bei einer direkten Überweisung müsste ich ja für jedes Angebot, das ich nutze, die entsprechenden Kontodaten haben usw. Je nachdem, wie viele verschiedene Angebote man nutzt ist das ja viel aufwendiger.

Achim ergänzt, dass man mit Flattr auch Angebote belohnen kann, mit denen man sich sonst in der Gänze nicht detailliert beschäftigt, etwa weil man auf einen Artikel durch eine Suche gestoßen ist. Ohne Flattr würde man sich hier wohl kaum erkenntlich zeigen. Thomas hebt zudem noch den Symbolcharakter hervor, den er als „sehr wertvoll für den Journalismus“ einschätzt:

Likes bei Facebook sind schon schön, aber ein Klick bei Flattr kostet etwas (ein bisschen zumindest) und ist damit auch dem Flatterer mehr wert.

Die Dienste, die Flattr eingebunden haben, sollten jedoch offener angeben, was sie mit den Zusatzeinnahmen machen: „Ich würde aber wirklich gerne wissen, an wen das Geld genau geht“, sagt Thomas. Erste Ansätze für die gewünschte Transparenz gibt es bereits: Viele veröffentlichen zumindest ihre Einnahmen.

Dabei wurde auch ersichtlich, dass im vergangenen Monat der Wert pro Flattr-Klick in vielen Fällen gestiegen ist. Vielleicht ein Indiz dafür, dass die User nach erfolgreichem Test mehr Geld verflattrn? Thomas und Achim zumindest wollen im Juli zwischen 10 und 20 Euro für „kostenlose“ Internetangebote ausgeben und dabei den „Umweg“ Flattr nutzen.

Zwar sind die beiden nicht zwangsläufig repräsentativ, aber sie zeigen, dass es durchaus Menschen gibt, die freiwillig Geld für Online-Inhalte geben wollen. Flattr könnte also durchaus auf Dauer zu einer festen Größe werden. Entscheidend wird jedoch sein, ob diese Mentalität der Thank-You-Economy sich weiter verbreitet.

Meiner Meinung nach sind hier auch die Journalisten selbst gefragt. Statt wie die großen Verlage ständig zu jammern, und über fragwürdige neue Gesetze zu versuchen, an Geld zu kommen, sollten sie ihre Kosten transparenter machen und ihr Hauptaugenmerk darauf legen, gute Arbeit zu leisten. Arbeit, die der gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird und für die man gerne etwas bezahlt. Aber freiwillig und nicht hinter Bezahlschranken.



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