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Börsenverein pocht auf Buchpreisbindung für Apples iBooks-Store

von , 27.5.10

Wenn Apple am Freitag das iPad in Deutschland lanciert, so könnte dies mittelfristig die digitale Distribution von Büchern hierzulande erheblich beflügeln. 1,5 Mio. Bücher wurden laut Apple-Angaben im ersten Monat in den USA heruntergeladen – auf die bis dahin rund eine Million verkauften Geräte. In den 1,5 Büchern pro Gerät ist das jeweils in die iBooks-App integrierte kostenlose Test-Buch “Winnie the Pooh” nicht enthalten. Ein Achtungserfolg für Apple, auch wenn das Fachmagazin Paid Content feststellt, die iBooks würden nicht gerade aus den eRegalen gerissen.

Noch ist jedoch unklar, in welchem Umfang Apple iBooks in Deutschland verkaufen wird. Die iBooks-App steht bei iTunes zwar bereits zum Download. Lädt man sie aber auf ein iPad herunter, ist sie noch weitgehend leer, wie das Digital Living für die Schweiz herausgefunden hat. Neben ein paar allgemeinfreien deutschsprachigen Büchern aus dem Projekt Gutenberg findet sich lediglich die englischsprachige Version von “Winnie the Pooh”.

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Schweizer iBooks-Store: Drei gemeinfreie Bücher und ein englisches "Winnie the Pooh"

Apple selbst lehnt vor Freitag einen Kommentar zu Umfang und Preisen im deutschen iBooks-Angebot ab. In den USA verkauft Apple Bestseller zumeist zum einheitlichen Preis von $ 9,99 – und leistet sich dabei Preiskämpfe mit Amazons Kindle-Shop.

Entsprechende Preisstrategien werden in Deutschland nicht möglich sein, wenn es nach dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels geht. Auf Carta-Anfrage teilte der Verband mit, die Buchpreisbindung in Deutschland gelte selbstverständlich auch für Apples iBooks-Store. Apple dürfe deutschsprachige iBooks in Deutschland nur zu einem vom Verlag für alle Online-Shops einheitlich festgelegten Preis verkaufen.

“Auch iBooks und E-Books unterliegen nach unserer Auffassung dem Buchpreisbindungsgesetz, da es sich um Werke handelt, die in ähnlicher Form genutzt werden wie gedruckte Bücher”, so Börsenvereinssprecherin Claudia Paul gegenüber Carta.

Auch dass Apple die iBooks über den in Luxemburg ansässigen iTunes-Store nach Deutschland verkaufe, ändere an der Buchpreisbindung nichts.

“Wenn ein grenzüberschreitender Verkaufssachverhalt künstlich geschaffen wird, greift die Preisbindung auch bei Downloads von Servern, die im EU-Ausland angesiedelt sind.”

Paul weiter: “Die Preisbindung und ihr Ziel, die Vielfalt der Produzenten und Anbieter von Büchern zu erhalten, ist für elektronische Inhalte genauso sinnvoll und durchsetzbar wie für physische Bücher. Ohne Preisbindung könnten im Markt für E-Bücher oligopolistische oder gar monopolistische Strukturen entstehen.”

Tatsächlich droht mit der iBooks-Store/iPad-Infrastruktur sehr schnell eine stark oligopolistische Struktur im E-Book-Vertrieb zu entstehen. Konflikte zwischen Apple und den klassischen Vertriebsstrukturen sind geradezu vorprogrammiert.

Die Diskussion, ob die Online-Buchpreisbindung das richtige und ein ausreichendes Instrument ist, um Vielfalt im E-Book-Markt zu sichern, wird daher nicht lange auf sich warten lassen.

Am Freitag wird Apple zeigen, wie sich der US-Konzern den iBook-Wettbewerb unter den Bedingungen des Buchpreisbindungsgesetzes hierzulande vorstellt.

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Anhang: Die vollständige Antwort des Börsenvereins:

Frage 1. Unterliegen die deutschsprachigen Bücher im Apple iBooks Store, die an Privatkunden mit Wohnsitz in Deutschland verkauft werden, nach Ansicht des Börsenvereins des deutschen Buchhandels der Buchpreisbindung?

Ja. Bücher im Sinne des Buchpreisbindungsgesetzes sind gemäß § 2 Abs. 1 auch »Produkte, die Bücher, Musiknoten oder kartografische Produkte reproduzieren oder substituieren und bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen sind«. Nach unserer Auffassung sind E-Books im Sinne von § 2 Abs. 1 BuchPrG beispielsweise in ihrer Gesamtheit zum Download bestimmte oder auf Datenträgern jeglicher Art handelbare Werke, die geeignet sind, in ähnlicher Form genutzt zu werden wie gedruckte Werke. Wenn sich aus objektiven Umständen wie der Sprachraumbezogenheit ergibt, dass ein grenzüberschreitender Verkaufssachverhalt im Sinne von § 4 Abs.2 BuchPrG künstlich geschaffen wird, greift die Preisbindung auch bei Downloads von Servern, die in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums angesiedelt sind.

Die Preisbindung und das mit ihr verfolgte Ziel, die Vielfalt der Produzenten und Anbieter von Büchern zu erhalten, ist für elektronische Inhalte genauso sinnvoll und durchsetzbar wie für physische Bücher. Ohne Preisbindung könnten im Markt für E-Bücher oligopolistische oder gar monopolistische Strukturen entstehen, die sich auf die Vielfältigkeit und Verfügbarkeit des Angebots gedruckter Bücher auswirken würden.

2. Dürfen die deutschsprachigen Bücher im iBooks- folglich nur zu dem Preis verkauft werden, wie sie bereits von anderen Online-Stores in Deutschland vertrieben werden?

E-Books dürfen aufgrund der Preisbindung nur zu dem Preis verkauft werden, den der Verlag zuvor festgelegt hat. Dieser Preis ist für jeden online-Store verbindlich.

3. Welche politischen Forderung hat der Börsenverein in Bezug auf den Buchvertrieb über das iPad?

Der Börsenverein stellt in Bezug auf den Buchvertrieb über das iPad keine politischen Forderungen. Hierbei handelt es sich um ein Marktgeschehen, dass sich frei abspielen sollte, solange sich die Beteiligten im Rahmen des allgemein geltenden Rechtsrahmens bewegen. Generell wirbt der Börsenverein für ein Gesamtkonzept zum Schutz des geistigen Eigentums im Internet, das Provider, Rechteinhaber und Nutzer gleichermaßen einbezieht, damit Geschäftsmodelle wie das von Apple überhaupt am Markt Bestand haben können.

E-Books sind eine große Chance für den Buchmarkt: Formate und Inhalte erweitern sich, spannende Varianten von Büchern entstehen und neue Lesergruppen werden erreicht. Inhalte sind schnell und direkt für alle im Netz abrufbar, dadurch verbreitet sich das Prinzip Buch. Mit dem iPad steht jetzt ein Lesegerät zur Verfügung, das – wenn man die Verkaufszahlen in den USA zugrunde legt – eine große Akzeptanz beim Kunden und damit beim Leser hat. Deshalb wird das neue Gerät die Verbreitung von E-Books noch beschleunigen, der E-Book-Markt erhält einen weiteren Schub.

Eine zentrale Rolle spielt die Wahrung der Leserinteressen, denn gerade eine digitale Bibliothek muss für den Nutzer dauerhaft und geräteunabhängig zur Verfügung stehen. Deshalb begrüßen wir es einerseits, dass sich Apple für das Standardformat EPUB entschieden hat. Andererseits legt der Börsenverein großen Wert darauf, dass keine künstlichen Barrieren durch geschlossene Shopsysteme geschaffen werden. Denn nur der Wettbewerb vieler Verlage und Handelspartner sichert die kulturelle Vielfalt des Buchmarkts. Aus diesem Grund hat der Verband mit libreka! eine unabhängige und neutrale E-Book-Plattform geschaffen, an der alle deutschen Verlage und Buchhandlungen teilnehmen können.

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