ARD-Aktuell offenbar in Schockstarre nach Wickert-Text

von , 19.11.09

Heute also schrieb also Ulrich Wickert in der FAZ:

Wenn es um die Sprache geht, bedauere ich, dass nur noch wenige Autoren von Stücken für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ oder für „heute“ und „heute-journal“ den Satzbau beherrschen. Häufig streuen sie Substantive wie grobes Meersalz zwischen kurze Sätze.”

Und:

Wirklich geärgert habe ich mich, dass weder „Tagesschau“ noch „Tagesthemen“, weder „heute“ noch „heute journal“ je das neue Bundeskabinett vollständig vorgestellt haben. Eine Sondersendung, einen „Brennpunkt“ etwa, hob niemand ins Programm. Das kann heute wohl keiner mehr verlangen, Freitag und Samstag gehören der Unterhaltung!

Hans-Jürgen Jakobs nennt den Text “eine gnadenlose Abrechnung mit ARD und ZDF”, welche die “Schwächen des öffentlich-rechtlichen TV” bloßlege.

Man sollte meinen, die angesprochene Chefredaktion von ARD-Aktuell habe eine Meinung zu den forschen Thesen ihres einstigen Anchorman. Wickert hat nichts weniger getan, als ihre Bude in Brand zu schießen. Die Nachrichtenqualität von ARD & ZDF: mittelmäßig, sprachlahm und relevanzvergessen.

Da könnte die Chefredaktion doch mal etwas  zu sagen: Etwa zu Wickerts Beispiel, dass am 25. Oktober völlig unpassend die Tagesschau mit einem Irak-Attentat aufgemacht hat statt sich um die Innenpolitik zu kümmern.

Dafür wird es doch sicher viele gute Argumente gegeben haben, die ein ARD-Chefredakteur sicher mal kurz erläutern könnte. Doch was ist am Abend des Veröffentlichungstages der Wickert-Philippika als Replik im hierfür einschlägigen Forum, dem Tagesschaublog, zu lesen: N-I-C-H-T-S.

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Wickert-Kritik? Schweigen im Tagesschaublog (stand: 20:50h am 19.11.09)

Gniffke schweigt. Deppendorf schweigt. Hinrichs schweigt. Auch der ARD-Vorsitzende Boudgoust schweigt. Das ZDF schweigt auch.

Diese Schockstarre sagt über den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenjournalismus womöglich genauso viel aus wie der Wickert-Text selbst. Es knirscht nicht nur bei der Qualität, es fehlt vor allem auch an einer Kultur, sich der öffentlichen Diskussion zu stellen.

Transparenz und die Begründung des eigenen Handelns sind dabei wahrscheinlich sogar der Ausgangspunkt, von dem sich die Nachrichtenqualität verbessern ließe.

Das Schweigen, das jetzt dröhnend zu vernehmen ist, ist nicht Begleiterscheinung, sondern zentrale Ursache der Qualitätskrise öffentlich-rechtlicher Nachrichten. Dass Selbstkritik und Demut keine Stärke der ARD-Aktuell-Redaktion ist, weiß jeder, der sich schon einmal mit gutem Grund über Fehler in der Berichterstattung beschwert hat.

Es gibt offenbar eine Sache, die man im System ARD lieber nicht tun sollte: Einen Fehler eingestehen, Schwäche zeigen.

Zum diesem Thema auch auf Carta:

– Robin Meyer-Lucht: Tagesschau: Der postmoderne Concierge hat geblinzelt

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