Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: Löschen vor Sperren, Verbandsklagerecht gegen Google Street View, Newspass

von , 21.6.10

Leutheusser-Schnarrenberger: „Berliner Rede zum Urheberrecht“
Am Montag hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in ihrer mit Spannung erwarteten „Berliner Rede zum Urheberrecht“ ihre Vorstellungen an ein neues Urheberrecht umrissen. Dabei sprach sich die Ministerin unter anderem dafür aus, künftig im Internet automatische Warnhinweise durch die Anbieter bei Urheberrechtsverletzungen anzeigen zu lassen und auch das vieldiskutierte Leistungsschutzrecht für Verleger ins Gesetz aufzunehmen. Eine Ausweitung der Haftungsprivilegien des Telemediengesetzes sei dabei jedoch ebenso wenig vorgesehen wie eine „Kulturflatrate“. Das Urheberrecht müsse vielmehr insgesamt stärker die Selbstbestimmung der Kreativen schützen.

EU-Parlament für “Löschen vor Sperren”
Das EU-Parlament hat in der vergangenen Woche eine grundsätzliche Positionsbestimmung im Hinblick auf den Umgang mit „Cyberkriminellen” und kinderpornographischen Inhalten abgegeben. Entsprechende Inhalte sollen demnach an der Quelle gelöscht werden, bevor in Betracht gezogen wird, Webseiten zu blockieren. In diesem Zusammenhang wurde auch ein mehrheitlicher Aufruf an alle Regierungen verabschiedet, von Zensur, Netzsperren und Filtern abzusehen und auch nicht Unternehmen entsprechende Restriktionen aufzuerlegen.

Eckpunktepapier zum geplanten Leistungsschutzrecht veröffentlicht
Netzpolitik.org hat letzte Woche ein gemeinsames Eckpunktepapier von VDZ und BDVZ zum geplanten Leistungsschutzrecht für Verlage veröffentlicht. Unter anderem heißt es in dem anonym zugespielten Dokument, dass nicht nur einzelne Beiträge, Vorspänne, Bilder und Grafiken vom Leistungsschutzrecht erfasst werden sollen, sondern auch Überschriften, Sätze und sogar Satzteile. Diese Forderung sorge im Netz für wirbel: Kritiker befürchten, dass damit die Gefahr geschaffen werde, Sprache an sich zu monopolisieren.

„Newspass“: Bezahlinhalte bald auch bei Google?
Google plant, bis Jahresende ein eigenes Bezahlsystem für Online-Medien namens „Newspass“ in seine Dienste zu integrieren – wohl auch angetrieben durch die Diskussion um das künftige Leistungsschutzrecht für Verleger. Medienanbieter sollen sich an dieses System anschließen können und frei über die Preisstruktur der angebotenen Inhalte entscheiden können. Durch „Newspass“ geschützte Artikel würden zwar weiterhin in den Google-Suchergebnissen erscheinen, jedoch mit einem Hinweis versehen werden, dass der dahinter stehende Inhalt nur gegen die Entrichtung eines Entgeltes einzusehen ist.

Rheinland-Pfalz will Verbandsklagerecht gegen Google Street View
Neue datenschutzrechtliche Regelungen zu Google Street View, wie sie von Hamburg und dem Saarland erst kürzlich als Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht worden sind, könnten nach Auffassung des rheinland-pfälzischen Justizministers Heinz Georg Bamberger schon bis Mitte 2011 in Kraft treten. Das Bundesland Rheinland-Pfalz wolle über die bisherigen Vorschläge hinaus darauf hinwirken, Verbandsklagen gegen Google Street View zu ermöglichen, um einem „Machtgefälle” zwischen dem Suchmaschinenbetreiber und den Bürgern entgegenzutreten.

Oberlandesgericht Frankfurt: Kein Anspruch auf unverzügliche Löschung von IP-Adressen
Das OLG Frankfurt hat in der vergangenen Woche entschieden, dass die Deutsche Telekom AG dynamische IP-Adressen nicht sofort nach Beendigung der Verbindung löschen muss. Eine sofortige Löschung der IP-Adressen, wie vom Kläger begehrt, sei der Telekom unter technischen Gesichtspunkten nicht möglich, da eine Abrechnung der vom Kunden in Anspruch genommenen Verbindungen durch die Telekom sonst nicht stattfinden könne. Dies gelte auch für Flatrate-Tarife. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Verwaltungsgericht Münster: Gewinnspiel um ein Einfamilienhaus im Internet unzulässig
Das VG Münster hat in der letzten Woche über die Rechtmäßigkeit eines Quiz-Spiels im Internet entschieden. Im konkreten Fall konnten die Nutzer gegen ein Entgelt von 39,99 Euro unter anderem ein Einfamilienhaus gewinnen. Dies stelle einen Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag dar, so das VG Münster. Das Gericht bestätigte damit eine Verfügung der Bezirksregierung Düsseldorf, die dem Veranstalter des Gewinnspiels aufgab, dieses innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen einzustellen. Gewinnspiele in vergleichbaren Telemedien seien nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags nur zulässig, wenn für die Teilnahme daran ein Entgelt von höchstens 0,50 Euro verlangt werde. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Tobias Kläner.

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