Rechtsfragen der Informationsgesellschaft – Google Books, Fußballrechte, Digitale Dividende

von , 12.10.09

BGH kassiert Urteil zur Affiliate-Haftung
Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln zur Affiliate-Haftung aufgehoben und zurückverwiesen. Welche rechtlichen Erwägungen ihn dabei leiteten, ist noch nicht klar, da die Entscheidung noch nicht öffentlich ist. Vermutungen gehen dahin, dass der Gerichtshof sich vor allem mit Fragen der Zurechenbarkeit beschäftigte.

„Tarifvertrag” für Literaturübersetzer
Der Bundesgerichtshof hat ein Präzedenzurteil zur „angemessenen Vergütung” für Literaturübersetzer geschrieben. Es ging um die Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) – eine Vorschrift, die verhindern soll, dass Urheber über die Maßen ausgebeutet werden. Wegen seiner Präzedenzwirkung erhöht sich effektiv die Vergütung für alle Übersetzer – dies veranlasste den Vorsitzenden Richter dazu, von „einer Art Tarifvertrag” zu sprechen.

Digitale Dividende: Heiße Phase startet
Technische Neuerungen machen es möglich, dass Funkfrequenzen freiwerden und neu verteilt werden können. Die Frage, wer sie bekommt, wird nun in in regelrechten Lobbyschlachten ausgetragen – kein Wunder, entscheidet die Frequenzvergabe doch unter Umständen über Milliarden Euro. Der aktuelle Stand: Die Frequenzen sollen versteigert werden, und zwar nach Richtlinien, die die Bundesnetzagentur morgen festlegen will. Die E-Netzbetreiber (O2, E-Plus) wollen dabei bevorzugt behandelt werden, die D-Netzbetreiber (Telekom, Vodafone) wollen Gleichberechtigung. Die EU-Kommission ist den E-Netzbetreibern beigesprungen und droht mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Der VPRT (Verband Privater Rundfunk und Telemedien) fordert derweil, das Verfahren komplett anzuhalten – man fürchtet technische Störungen in den eigenen Programmen.

OLG Düsseldorf zur Fußballrechte-Entscheidung des Kartellamts
Zu den Urteilsgründen der Fußballrechte-Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf sickern erste Informationen durch. Das Bundeskartellamt hatte einen Deal zu Fußballrechten verhindert, den die Agentur Sirius mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) abschließen wollte. Dies allerdings nicht durch eine rechtliche Verfügung, sondern dadurch, dass Kartellamts-Chef Heitzer auf einer Pressekonferenz seine Rechtsauffassung bekannt gab – dies wirkte effektiv wie ein Verbot. Laut Presseberichten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf eher salomonisch entschieden. Es ließ den Antrag der DFL bereits an der Zulässigkeit scheitern: Es liege kein angreifbarer Rechtsakt vor. Für die Zukunft müsse das Bundeskartellamt aber formell ordnungsgemäß und binnen kurzer Frist entscheiden. Dieses will sich derweil nichts vorschreiben lassen.

Zugangserschwerungsgesetz: CDU im Rückwärtsgang
Das Gesetz zu Internetsperren (ZugErschwG) hatte die schwarz-rote Koalition noch mit Volldampf gestartet – dann blieb es aufgrund technischer Fehler in Brüssel stecken. Mittlerweile ist der Wahlkampf vorbei, die Koalition gibt es nicht mehr. Vergangene Woche ist der Entwurf aus Brüssel zurückgekommen – die Netzsperren-Gegner sind mittlerweile allerdings in die Offensive übergegangen, die CDU führt Rückzugsgefechte: In der neuen Koalition mit der FDP ist das Gesetz unerwünscht. Vermutlich wird das Gesetz allerdings nicht aufgehoben werden müssen, sondern schon beim Bundespräsidenten scheitern: Der dürfte eine Ausfertigung verweigern, weil der Bund für diesen Bereich nie die Gesetzgebungskompetenz hatte.

Netzsperren: VG Wiesbaden verlangt Rechtsgrundlage
Es gibt Internetprovider, die haben angekündigt, die Netzsperren auch ohne das Zugangserschwerungsgesetz durchzuführen. Rechtsgrundlage sollen dann öffentlich-rechtliche Verträge sein, die die Provider mit dem Bund schon im Vorfeld abgeschlossen hatten. Die Wirksamkeit der Verträge ist indes fraglich – das meint auch das VG Wiesbaden, dass in einem aktuellen Verfahren das Bundeskriminalamt dazu drängt, eidesstattlich zu versichern, dass die Netzsperren noch nicht durchgeführt werden. Die genauen Hintergründe des Falls sind allerdings nicht bekannt.

Google Book Settlement: Entscheidung vertagt
Im Streit um das Google Book Settlement hat das Bezirksgericht New York ein angesetztes fairness hearing verschoben. Zuvor hatte das amerikanische Justizministerium interveniert und vorgeschlagen, das Settlement nachzubessern. Diesem Vorschlag ist das Gericht nun offenbar gefolgt. Termin zur Abgabe des neuen Vergleichs ist der 9. November – mehr als knapp für eine so umfangreiche Sache. Bei Telemedicus erscheint in den nächsten Tagen ein umfangreicher Artikel zum Settlement.

Amtsgericht Frankfurt gegen fliegenden Gerichtsstand
Das Amtsgericht Frankfurt a.M. hat sich in einer lesenswerten Entscheidung gegen den „fliegenden Gerichtsstand” bei Urheberrechtsverletzungen ausgesprochen. Entgegen der wohl herrschenden Meinung will das Gericht bei Filesharing-Fällen eine Zuständigkeit ausschließlich am Wohnort der Filesharers annehmen. § 32 der Zivilprozessordnung sei vor allem Ort der Handlung, nicht jeder Ort, an dem das File potenziell heruntergeladen werden könne.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Carta übernimmt den Wochenrückblick mit freundlicher Genehmigung der Autoren. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Simon Möller.

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