Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: DE-bill, Meinungsfreiheit, Presseagenturen, Google

von , 12.4.10

UK: Digital Economy Bill verabschiedet
Ende vergangener Woche haben sowohl das britische Unterhaus als auch das Oberhaus das Gesetzgebungsvorhaben „Digital Economy Bill” mit kleineren Modifikationen verabschiedet. Das umstrittene Gesetz beinhaltet eine ganze Reihe relevanter internetrechtlicher Neuerungen: So sind beispielsweise Regelungen zum Sperren einzelner Webseiten durch ISPs oder auch ein abgeschwächtes Three-Strikes-Verfahren bei Urheberrechtsverletzungen enthalten. In Deutschland, wo viele das Gesetz als Vorbild für mögliche kontinentaleuropäische Regelungen sehen, wurde das Vorhaben insbesondere von der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) begrüßt.

Bundesverfassungsgericht: Zitate aus E-Mails zulässig
Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Februar entschieden, dass die Veröffentlichung von Zitaten aus einer persönlichen E-Mail der Meinungsfreiheit unterfällt und nicht ohne Weiteres zivilrechtlich verboten werden kann (Beschluss v. 18.02.2010, Az. 1 BvR 2477/08). Auch wenn die Zitate eine etwas scharfe Wortwahl des Verfassers wiedergeben, könne in der Veröffentlichung nicht zwangsläufig eine „Prangerwirkung” gesehen werden. Außerdem wiesen die Karlsruher Richter darauf hin, dass eine Abwägung zwischen persönlichkeitsrechtlichen Belangen und dem bloßen öffentlichen Interesse an einer streitbefangenen Äußerung im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG zu kurz greife. Denn die Meinungsfreiheit stehe nicht allein unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses, sie diene darüber hinaus insbesondere auch der individuellen Persönlichkeitsentfaltung.
Altkanzler Schröder geht gegen bloggenden Rechtsanwalt Steinhöfel vor
Nach einer erfolglosen Abmahnung hat Gerhard Schröder Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel mit einer einstweiligen Verfügung Äußerungen verboten, wonach der Altkanzlei der Beifahrerin von Margot Käßmann auf ihrer Trunkenheitsfahrt durch Hannover gewesen sein soll. Schröder bestreitet den Wahrheitsgehalt der auf Steinhöfels Blog zuvor geäußerten Darstellung. Der bloggende Rechtsanwalt hingegen hielt zunächst an seinen Ausführungen fest, ruderte dann aber doch zurück. Nun wirft er Schröder nach einer weiteren Abmahnung rechtsmissbräuchliches Verhalten vor. Joachim Steinhöfel war langjähriger Rechtsbeistand von Mediamarkt und hatte sich in dieser Position durch Massenabmahnungen selbst den zweifelhaften Ruf eines „Abmahnanwalts” eingehandelt.

Bundesverwaltungsgericht macht Weg für Frequenzauktion frei
Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Eilantrag gegen eine Anordnung der Bundesnetzagentur über die Durchführung eines Frequenzvergabeverfahrens abgelehnt (Az. 6 VR 2.10). In dem Eilverfahren ging es um Frequenzen im 2,6-GHz-Bereich, die am kommenden Montag versteigert werden sollen. Die bisherige Inhaberin der Frequenznutzungsrechte hatte nach einer erfolglosen Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln versucht, in einem Eilverfahren vor dem BVerwG die anstehende Auktion noch zu stoppen. Das Gericht lehnte am vergangegen Donnerstag jedoch den Antrag, die Frequenzen erst nach Abschluss der Hauptsache zu vergeben, ab. Der Entscheidung war eine Interessenabwägung vorausgegangen. Damit ist der Weg frei für die große Frequenzauktion der Bundesnetzagentur am kommenden Montag. Allerdings sind alle dort ausgeschriebenen Frequenzen streitbefangen. Nicht zuletzt deswegen wurde die Auktion bereits im Vorfeld kritisiert.

Elfenmond-Freispruch: Staatsanwaltschaft München legt Rechtsmittel ein
Der Justitiar der Verlagsgruppe Random House, Rainer Dresen, wurde am vorletzten Donnerstag durch das Amtsgericht München vom strafrechtlichen Vorwurf der vorsätzlichen Kennzeichenverletzung nach § 143 MarkenG freigesprochen. Nun hat die Staatsanwaltschaft München I allerdings angekündigt, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen. Zwar hält das Markengesetz von jeher strafrechtliche Sanktionen bei vorsätzlichen Schutzrechtsverletzungen bereit, allerdings ist die praktische Anwendung dieser Normen bislang die absolute Ausnahme geblieben. Viele Markenrechtler befürchten deshalb, dass bei einer Verurteilung ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen werden könnte.

Streit der Presseagenturen dpa und ddp eskaliert an mehreren Fronten
Gleich an zwei Fronten ist in der letzten Woche der Streit zwischen den Nachrichtenagenturen Deutsche Presse Agentur (dpa) und Deutscher Depeschen Dienst (ddp) eskaliert. Zum einen hat die dpa vor dem Landgericht Berlin ihrem Konkurrenten ddp aufgefordert, den öffentlichen geschäftsschädigenden Vorwurf unlauterer Methoden zu unterlassen. Bei einem Pressetermin soll etwa die Rede von „sittenwidrigen Vertragslaufzeiten mit rechtswidrigen Verlängerungsklauseln” und „illegalen Kostenvorteilen für die dpa” gewesen sein. Daneben hat die dpa das Bundeskartellamt aufgefordert, die Übernahme der deutschsprachigen Sparte der Associated Press (AP) durch die ddp nachträglich zu überprüfen. Der unangemeldete Deal unterfalle der Fusionskontrolle, so die dpa. Das Bundeskartellamt hat daraufhin den ddp zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Erstes Product Placement nach den Vorgaben des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrags
Gestern Abend präsentierte Pro7 die erste Sendung, in der Produktplatzierungen nach Maßgabe des 13. RÄStV untergebracht worden sind. Im Rahmen des Unterhaltungsformats „Schlag den Raab” kam ein spezielles, von der Süßigkeitenmarke M&M’s bereitgestelltes Sportgerät zum Einsatz. Der Sender blendete gemäß der Werberichtlinien der Landesmedienanstalten ein „P” zur Kennzeichnung von Produktplatzierungen sowie den Hinweis „Unterstützt durch Produktplatzierungen” ein. Aus Kreisen des Privatsenderverbandes VPRT hieß es vergangene Woche, dass es derzeit noch Unklarheiten bei der Auslegung der gesetzlich geforderten Hinweis- und Kennzeichnungspflichten gebe.

Google Books: Fotografen und Illustratoren klagen
Der “Internetriese” Google muss sich wegen seines umstrittenen Google Book Settlements nun auch mit einer Klage von US-amerikanischen Fotografen und Illustratoren auseinandersetzen. Die American Society of Media Photographers hat zusammen mit anderen Branchenverbänden vor einem New Yorker Gericht Klage erhoben. Der zentrale Vorwurf: Bei der öffentlichen Zugänglichmachung von Büchern nutze Google Abbildungen und Illustrationen, ohne die Urheber dafür entsprechend zu vergüten. Diese Vergütungen sollen nun als Schadensersatzforderungen nachträglich geltend gemacht werden.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Thomas Mike Peters.

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