von Juliane Wiedemeier, 4.10.12
Die Festangestellten unter uns werden es wissen: In dieser Woche gab es mal wieder einen Feiertag, den wir in diesem Fall der feinen Tatsache verdanken, dass vor 22 Jahren aus zwei Deutschlands eins wurde, die meisten nennen das Ganze Wiedervereinigung.
Für den Deutschen Journalistenverband bot dieses historische Datum den richtigen Rahmen, um am Wochenende zum Ostdeutschen Journalistentag zu laden. Dem ersten, wie der DJV selbst schreibt, dem ersten nur für Ossis, wie ich meine. Schließlich gibt es viele gute Gründe, Journalisten in Ost- und Westdeutschland fein säuberlich voneinander zu unterscheiden, von denen mir spontan nur leider kein einziger einfällt. Nicht mal die Bezahlung. Wir bekommen ja mittlerweile alle unter Tarif. Und nein, ich werde hier und jetzt kein Wort darüber verlieren, dass dies vielleicht ein wichtigeres Arbeitsfeld für den Verband Deutscher Journalisten sein könnte als die Organisation von Tagen für Ostdeutsche oder Reisen unter der Flagge von Wiesenhof.
Doch zurück zum Ostdeutschen Journalistentag, denn wenn es ihn schon gibt, kann man sich wenigstens kurz fragen, was ihn denn so besonders macht und von seinem westlichen Vetter unterscheidet. Ein Buffet aus Spreewaldgurken wird es wohl nicht sein, auch wenn man im Allgemeinen die Bedeutung von Buffets für den Journalismus ja nicht unterschätzen darf.
Vielleicht vermag das Grußwort dabei weiter zu helfen, welches von Dagmar Reim kommt, Intendantin des RBB – so ostdeutsch, dass man sich für ihre Kollegin vom MDR entschieden hätte, war man dann doch nicht:
“Was bewegt die Menschen in der Lausitz? Welche Trends entstehen gerade in Berlin Neukölln? Worüber redet man diese Woche in Potsdam? (…) Im Spannungsfeld von Stadt und Land, von Ost und West ist eine regionale Identität entstanden, die sich längst nicht mehr allein an Gegensätzen abarbeitet, sondern Gemeinsames betont. Mehr von diesem Selbstverständnis wünsche ich mir für Ostdeutschland als wichtige Region in der Mitte Europas.”
Na, das ist doch mal eine versöhnliche Ansage. Bis auf den letzten Satz:
“Der ERSTE OSTDEUTSCHE JOURNALISTENTAG ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.“
Ja. Denn wo das Vereinende ist, wächst das Trennende auch. Fragen Sie ihren Dialektiker, wie das zusammengeht.
Zum Glück gibt es ja noch ein Programm, das uns vielleicht etwas mehr Aufklärung verschaffen kann, was den Ostdeutschen unter den Journalisten denn gerade besonders beschäftigt. Wenn ich kurz zusammenfassen darf: Die Wahlen in den USA scheinen eine große Rolle zu spielen, die Finanzierung investigativer Recherchen, Business-Englisch, Vorratsdatenspeicherung, irgendwas mit Gratiskultur – und natürlich die Thematisierung von Rechtsextremismus. Im Westen kann mit sowas natürlich keiner etwas anfangen. Vielleicht hätte Frau Reim mit ihren Kenntnissen über Menschen in der Lausitz, Neukölln und Potsdam dem Ganzen noch etwas Lokalkolorit verschaffen können, doch der RBB fungiert bei der Veranstaltung nur als Grußwort-August, Räumlichkeiten-Steller (übrigens in West-Berlin) und Medienpartner. Wie das Ganze dann zu diesem Bewerbungs-Video führen konnte, wird in seiner Fragwürdigkeit wohl nur dem Gesamtkontext gerecht.
Und das nächste Mal wundere ich mich dann darüber, warum eigentlich auf dem Ostdeutschen Journalistentag fast viermal so viele Männer auf dem Podium sitzen wie Frauen. Schließlich war damals nicht alles schlecht, insbesondere nicht die Sache mit der Gleichstellung der Geschlechter. Aber vielleicht gibt es auch einfach keine richtige Podiumsbesetzung im Falschen. So wird es wohl sein.
Crosspost von Juliane Wiedemeier, Journalistin