#Bundesinnenministerium

Das Outsourcing der Ministerialverwaltung

von , 15.4.09


Vor einem Jahr erreicht der Skandal um die sogenannten Leihbeamten seinen Höhepunkt. Bereits im Herbst 2006 hatte die Regierung zugeben müssen, im Bundeskanzleramt und den Bundesministerien mehr als hundert externe Mitarbeiter zu beschäftigen, die weiterhin ganz oder teilweise von Unternehmen, Verbänden oder Gewerkschaften bezahlt wurden. Der Bundesrechnungshof veröffentlicht am 25. März 2008 nach umfangreichen Ermittlungen einen Bericht dazu, in dem sehr deutlich empfohlen wird, die bisherige Praxis zu ändern, „um die Neutralität des Verwaltungshandelns und das notwendige Vertrauen sicherzustellen“ (S. 11).

Verwaltungsvorschrift greift einige Kritikpunkte auf

Entsprechend wird reagiert: Das Bundesinnenministerium erlässt am 26. Juli 2008 die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung über den Einsatz von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) in der Bundesverwaltung“. Darin wird geregelt, dass die sogenannten „externen Personen“ keine Gesetzesentwürfe formulieren dürfen, nicht an der Vergabe öffentlicher Aufträge mitwirken dürfen und keine Funktionen einnehmen dürfen, die die Geschäftsinteressen ihres eigentlichen Dienstherrn berühren. Sie müssen ihren Status als externe Person bei allen dienstlichen Innen- und Außenkontakten deutlich machen. Außerdem wird dem Haushalts- und Innenausschuss jeweils halbjährlich über den Einsatz „externer Personen“ berichtet.

Leihbeamte werden mal so, mal so bezahlt

Gestern wird der zweite Bericht an die Abgeordneten des Innen- und Haushaltsausschusses versendet (Zeitraum 30. September 2008 bis 31. Januar 2009). Der erste Bericht datiert vom 29. September 2008 (Zeitraum 1. Januar 2008 bis 30. August 2008). Im Vergleich der beiden Berichte ist die Zahl der externen Mitarbeiter von 59 auf 46 zurückgegangen. Von den 46 Mitarbeitern werden 26 durch die Behörde bezahlt. „In 20 Fällen wurden die externen Personen von den Behörden vergütet bzw. wurde den entsendenden Stellen das Gehalt von der Behörde erstattet“ (S. 9). Es bleibt unklar, warum hier von „bzw.“ die Rede ist und nicht ein einfaches „und“ verwendet wird; werden einige externe Personen aus öffentlichen Mitteln bezahlt? Warum werden sie dann überhaupt im Bericht aufgeführt?

Nur noch drei Mitarbeiter sind aus privatwirtschaftlichen Unternehmen abgeordnet: BASF, Berliner Wasserbetriebe und Euronorm GmbH. Dies sind bedeutend weniger als in der Vergangenheit, wie eine Auflistung von LobbyControl zeigt. Ein Mitarbeiter des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenkassen arbeitet an Grundsatzfragen des Finanzplatzes Deutschland mit, ursprünglich geplant bis zum 31.05.2009 (erster Bericht, S.16), jetzt verkürzt auf den 15.03.2009 (zweiter Bericht, S. 19). Ursprünglich war die Einführung des „Leihbeamtentums“ mit einem Personalaustauschprogramm begründet worden. Der zweite Bericht konstatiert nüchtern: „Nur eine von 46 externen Personen wurde im Rahmen des Personalaustausches eingesetzt“ (S. 9).

Große Defizite bleiben bestehen

Die bestehende Regelung krankt an zwei Punkten. Erstens wird der Bericht als Ausschussdrucksache vorgelegt. Die Sitzungen der Ausschüsse des Deutschen Bundestages sind nach Paragraf 69 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages grundsätzlich nicht öffentlich. Daher sind auch sogenannte Ausschussdrucksachen nicht öffentlich. Die Überschrift der entsprechenden Regelung in der Verwaltungsvorschrift dazu lautet: „Transparenz“. Kein Kommentar.

Zweitens ist allen Beobachtern nach wie vor ein kleiner Halbsatz in der Verwaltungsvorschrift unklar, der vorsieht, dass vom Anwendungsbereich befristete Arbeitsverträge nicht erfasst sind. Es wird gemutmaßt, dass dieser Halbsatz ein Tor für Umgehungen eröffnet. Unternehmensmitarbeiter, die für einen kürzeren Zeitraum durch ein Ministerium beschäftigt werden, während sie unbezahlten Urlaub erhalten, würden demnach nicht erfasst.

Mögliche Ursachen des Rückgangs

Der Rückgang der „externen Personen“ kann zweierlei Ursachen haben. Zum einen kann das Interesse an einem Einsatz Externer tatsächlich gesunken sein. Es bleibt offen, ob die Aufregung um die Leihbeamten dabei ihren Anteil hat. Zum anderen sind vielleicht Wege gefunden worden, welche die Scheinpublizität umgehen. Deswegen ist eine Klarstellung in Hinsicht auf die befristeten Arbeitsverträge so wichtig.

Eins ist sicher: Der unveröffentlichte Bericht lässt Fragen offen. Eine Veröffentlichung würde der Debatte über diese gut tun.

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