von Michael Spreng, 10.8.09
Es hat lange gedauert, aber am 27. September geht sie zu Ende – die Ära Schröder. Wenn seine jahrelang treuesten Gefolgsleute, Franz Müntefering und Frank Walter Steinmeier, die Bundestagswahl mit Pauken und Trompeten verlieren, dann wird sich die SPD mit vier Jahren Verzögerung endgültig von Gerhard Schröder befreien. Allerdings um einen hohen Preis, um den Preis, als Partei fast marginalisiert worden zu sein. Dann gehen auch Mythen zu Ende (”Der Franz kann Wahlkampf”), dann steht die SPD vor einer neuen Etappe ihrer wechselvollen Geschichte.
Franz Müntefering geht mit seiner jungen Frau aufs Altenteil, Steinmeier vielleicht in die Wirtschaft (wenn die wenigen SPD-freundlichen Unternehmer dann noch SPD-freundlich sind), denn Oppositionsführer könnte er noch weniger als Kanzlerkandidat. Beide aber werden für den künftigen Kurs der SPD keine Rolle mehr spielen. Beide waren nie wirklich eigenständige politische Persönlichkeiten, sondern viele Jahre nur von Schröder abgeleitet. Insofern wäre es nur konsequent, wenn die SPD tabula rasa macht.
Der Ära Schröder wohnte ein Zauber im Anfang inne und ein Fluch im langen bitteren Ende. Aber die SPD wollte es so haben, sie wollte das Ende auskosten – mit allen Konsequenzen. Sie hatte nicht die Kraft, sich früher vom System Schröder zu befreien, weil sie sich mit Schröder 2005 zu Tode siegte, statt ins Regenerationsbad der Opposition zu gehen. Deshalb ist Mitleid völlig unangebracht, höchstens Mitleid mit unserem parlamentarischen System, das mit einer brutal geschwächten SPD aus der Balance gerät.
Man weiß, wer geht, aber wer kommt? Die Partei ist ausgezehrt. Die einen gingen zur Linkspartei, die anderen kehrten der Parteipolitik ganz den Rücken und viele verharren in der inneren Emigration. Deshalb sind nur noch einige wenige Persönlichkeiten in Spitzenfunktionen der SPD, die sich für den Neuanfang anbieten. Andrea Nahles scheint als Parteivorsitzende gesetzt, aber hat sie die Klugheit, mit dem einzigen Oppositionstalent der SPD, Sigmar Gabriel, ein Bündnis einzugehen und ihn als Fraktionsvorsitzenden zu unterstützen? Und häutet sich Klaus Wowereit vom Spaß-Bürgermeister zum ernsthaften Anwärter für die Kanzlerkandidatur 2013? Viel mehr Namen sind nicht in der SPD-Lostrommel. Thomas Oppermann aus Niedersachsen vielleicht noch.
Natürlich kann es auch anders kommen. Müntefering kann nicht loslassen und versucht, weiter Parteichef zu bleiben (”Jetzt werde ich erst recht gebraucht”), um den künftigen Kurs der SPD zu bestimmen. Um den Übergang zu moderieren, wie es dann so schön heißen wird. Oder um Flügelkämpfe und Richtungsstreit zu vermeiden. Wenn das so kommen sollte, dann würde auch die Chance der Wahlniederlage für einen Neuanfang verspielt. Dann wäre der SPD wirklich nicht mehr zu helfen.
Michael Spreng bloggt auf Sprengsatz, wo auch dieser Beitrag erschienen ist.