#Bayerischer Rundfunk

Freie Bilder, aber keine freie Musik – der spacige Zick-Zack-Kurs des BR

von , 29.1.13

Im Unterschied zu anderen sogenannten Rettungsversuchen war aber nicht nur das Ziel entscheidend, sondern auch die Art und Weise der Rettung. Der BR hatte in einer ersten Pressemitteilung höhere Produktionskosten als Grund für die Absetzung angegeben. Ursache dafür war laut BR die neue Tarifreform der GEMA. Die Zuschauer_innen der Sendung wandten sich an den BR und empfahlen die Rettung der Sendung durch die Verwendung von unter Creative Commons-lizenzierter Musik (CC-Musik).

In meiner ersten Reaktion, einem Tweet, fragte ich bei der Pressestelle des BR nach, warum denn die Sendung nicht einfach durch die Verwendung GEMA-freier Musik, z.B. unter Creative Commons-lizenzierter Musik, gerettet wird, statt sie gleich einzustellen. Die Pressestelle twitterte daraufhin zurück, dass dies geprüft werde und sie sich wieder melden wollen.

 

Parallel zu meinem Tweet veröffentlichte der Blogger Christian Grasse einen offenen Brief, in dem er dem Space-Night-Redakteur Werner Reuß vorschlug, dass der BR auf GEMA-Inhalte verzichten und stattdessen frei lizenzierte Musik verwenden könnte. Zwei Blogger, ein Gedanke, den ich noch am Freitag Abend zu einer Facebook-Gruppe namens ″Rettet die Space Night mit CC-Musik″ umwandelte, in der inzwischen über 865 Menschen Mitglied sind.

Viele Menschen sind also wie Grasse der Meinung, dass CC-Musik in der Space Night eine ″Win-Win-Situation für BR, Zuschauer und Künstler″ darstellen würde. Einer von ihnen, Marco Trovatello, setzte schnell ein Ethersheet auf, indem Musiker_innen ihre CC-Musik eintragen konnten, um sie dem BR für die Space Night anzubieten. Unter dem enormen Ansturm an Besucher_innen brach die Seite aber schnell zusammen, weshalb es inzwischen ein funktionierendes Wiki gibt, in das Menschen ihre CC-Musik eintragen können. Mit freier CC-Musik können mehr Menschen an den Werken der Musiker_innen teilhaben, so, wie der BR an den aufregenden Bildern der NASA teilhaben kann, die gemeinfrei sind.

Am Montag Morgen schrieb ich dem BR eine E-Mail und wies auf die Facebook-Gruppe, das Wiki und vor allem den Wunsch der Menschen hin, die Space Night mit CC-Musik zu retten. Kurze Zeit später antwortete mir BR-Pressesprecher Christian Nitsche und bestätigte in seiner E-Mail, dass die neue GEMA-Tarifordnung Grund für eine Neukonzeptionierung ist, und dass die Sendung nicht eingestellt werden wird. Nitzsche zeigte sich darüber erfreut, ″dass so viele im Netz konkrete Musik-Ideen für die neue Space Night beisteuern.″ Er schrieb weiter, dass zwar in Zukunft vor allem Werke verwendet werden, an denen der BR die Musikrechte und Kompositionsmöglichkeiten hält, aber ″die Verwendung von Creative Commons-lizenzierter Musik geprüft″ werde.

Dass die Sendung nicht eingestellt wird, war eine gute Nachricht. Am meisten hat uns aber gefreut, dass als Ersatz für zu teure GEMA-Musik die Nutzung von CC-Musik ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Nicht nur das Ergebnis, sondern auch, wie es zustande kam, war vom ersten Moment an wichtig. Diese E-Mail von Christian Nitsche schien vielversprechend und weckte Hoffnungen.

Am Dienstag verbreitete sich die Meldung über die Neukonzeptionierung der Space Night. Viele bekannte Online-Medien wie Heise, Spiegel Online oder die Blogrebellen, berichteten über den Fall und das Engagement von Christian, Marco und mir. Etwas voreilig wurde die Rettung auf den zukünftigen Einsatz von CC-Musik zurück geführt, was aber nicht stimmte: Der BR hatte bis dahin nur die Prüfung der Verwendung von CC-Musik angekündigt.

Am Dienstag Nachmittag sollte ein bereits am Montag aufgezeichneter Bericht des BR-Radioprogramms Zündfunk ausgestrahlt werden, in dem die Zündfunk-Redakteurin Ann-Kathrin Mittelstraß neben Christian Grasse und Marco Trovatello auch Werner Reuß interviewte. Reuß äusserte sich laut Trovatello kritisch zur Verwendung von CC-Musik, schloss diese aber nicht aus. Der Beitrag kann leider nicht mehr beim BR nachgehört werden, denn auf Grund der schnellen Abfolge der Ereignisse an diesem Tag war er dem BR nicht mehr aktuell genug, um ihn auch online zugänglich zu machen. Inzwischen war nämlich eine Entscheidung gefallen.

Der Beitrag war offenbar nur kurze Zeit online, wurde aber auf Initiative der BR-Presseabteilung wieder von der Zündfunk-Website genommen, da die Space Night inzwischen gerettet war und an einer darüber informierenden Pressemitteilung gearbeitet werde. Darin verkündete der BR, dass die Space Night ab dem 25. Februar wieder auf BR-alpha und ab dem Osterwochenende im BR zu sehen sein wird.

Möglich wurde dies, da ″der Bayerische Rundfunk und die GEMA (…) im Rahmen der laufenden Verhandlungen den Status der Space Night geklärt″ haben. Vom Ergebnis der Prüfung der Verwendung von CC-Musik war keine Rede mehr. Vielmehr setzt der BR, wie bereits angekündigt, verstärkt auf eigene Musik – vor allem Klassik. Begründet wird dieser Schritt damit, dass ja schon klassische Musik in Kubricks Sci-Fi-Klassiker ″2001 – Odyssee im Weltraum″ erfolgreich verwendet wurde.

Man muss keinE Anhänger_in von Verschwörungstheorien sein, um zu begreifen, dass die GEMA auf Grund der Forderung nach CC-Musik schnell eine Einigung mit dem BR erzielte, die solche Experimente früh stoppen sollte. Wieso hat der BR noch fünf Tage zuvor die Einstellung der Serie angekündigt und diese mit einer Erhöhung des GEMA-Tarifs begründet, wenn die Verhandlungen doch noch nicht zu Ende waren? Warum nannte dann GEMA-Sprecher Franco Walther die Begründung des BR einen vorgeschobenen Grund für die Einstellung? Wieso widersprach der BR in einer Stellungsnahme und stellte fest, ″dass sich bei einer Fortführung der musikuntermalten Space Night die Kosten für die Ausstrahlung nach jetzigem Stand deutlich erhöhen würden″?

Verlangt die GEMA jetzt weniger Gebühren für die verwendete Musik, oder gilt das nur für die Space Night? Wurde die Nutzung von CC-Musik seitens des BR ernsthaft geprüft? Wie und mit welcher Begründung fiel das Urteil genau aus? Alles ungeklärte Fragen. Die Forderung, dass der BR als öffentlich-rechtlicher Sender unter Creative Commons-lizenzierte Musik im Rahmen der Sendereihe Space Night einsetzen soll, bleibt auf Grund der unzureichenden Antwort erhalten.

Als Zuschauer_innen haben wir nun die Möglichkeit, eigene ″Konzeptideen und Musikvorschläge inklusive CC-Musik″ unter [email protected] vorzuschlagen, wie Christian Nitsche mir schriftlich bestätigte. Der BR werde ″sämtliche externen Vorschläge zur Neugestaltung der Space Night″ sammeln und die Redaktion dann ″auf Basis der internen und externen Ideen die neuen Folgen der Space Night″ gestalten.

Mit einem Vertrauensvorschuss gegenüber dem BR halte ich das für einen sinnvollen Weg. Füllt das Wiki mit CC-Musik, so dass wir dem BR das Wiki als Quelle empfehlen können, werdet Mitglied in der Facebook-Gruppe und zeigt, dass ihr weiterhin über die neuesten Vorgänge informiert werden wollt, und schreibt vor allem dem BR an die angegebene E-Mail-Adresse, dass CC-Musik die musikalische Grundlage der neuen Space Night sein muss.

Die GEMA ist ein wirtschaftlicher Verein, der zwar staatlich legitimiert ist, aber keinerlei Rechte hat, das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in irgend einer Form zu beeinflussen. Es ist eine freie Entscheidung des BR gewesen, keinerlei GEMA-Musik mehr zu verwenden. Wir Zuschauer_innen haben, um eine Absetzung zu verhindern, mit CC-Musik eine kostenfreie Alternative aufgezeigt. Wir erwarten deshalb auch, dass dies wie zugesagt geprüft wird.

Sollte die Verwendung von CC-Musik auf Grund einer Überprüfung nicht möglich sein, muss die Begründung für diese Entscheidung veröffentlicht werden, damit die Argumentation überprüft werden kann. Der BR ist als öffentlich-rechtlicher Sender im besonderen Maß den Interessen der Gesellschaft verpflichtet. Bei einem so viel Engagement auslösenden Vorgang kann im Jahr 2013 ein transparenteres und alle Fragen vollkommen beantwortendes Vorgehen seitens des BR erwartet werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss zunehmend auf Werke setzen, die für uns alle Freiheit und Teilhabe ermöglichen. Eine so verehrte Kultsendung wie die Space Night wäre dafür der beste Anfang.
 
Dieser Text steht unter einer CC BY-SA 3.0-Lizenz.

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