#Facebook reactions

Facebook Reactions: Mehr Ausdruck im vorgegebenen Rahmen

von , 24.2.16

Wer reagiert auf Todesfälle, Naturkatastrophen oder die neuesten Nachrichten aus Sachsen schon gerne mit einem „Gefällt mir“?! Der strukturellen Begrenztheit, wie sie sein „Like“-Button vorgab, hat Facebook durch die Einführung fünf neuer Symbole nun ein Ende bereitet, die Gefühle wie Liebe, Mitleid oder Wut  ausdrücken sollen. (Facebooks neues „Wow“ erinnert dabei allerdings eher an Edvard Munchs Schrei).

Doch was aussieht, wie ein paar mehr oder weniger skurriler Emoji-Zeichen mehr, könnte letztlich – gerade angesichts der kulturprägenden Stellung von Facebook – auf eine grundlegende Veränderung der Online-Kommunikation hinauslaufen. Es erweitert sich das Spektrum von vorgefertigten Ausdrucksformen. Und zwar erfreulicherweise nicht nur „positive thinking“ und „constructive“, sondern auch mit negativem Sentiment durch „angry“ und „sad“. Vermutlich wird das alle Auswertungen von „Engagement“ durcheinander wirbeln, bis hin zur Diskussion um die Filter Bubble.

Klar, diese vorgefertigten Interaktionen erlauben allen, schneller und mit weniger Aufwand sich zu äußern – und vor allem neue aggregierte Sichten auf Inhalte. Diese Sichten werden angesichts zunehmender Textmengen dringend gebraucht, es kommen nun perspektivisch neue Listen und Auswertungen hinzu („Traurigste Postings“ etc.).

Soweit so gut. Doch die wachsende Bedeutung standardisierter Interaktionen, die mit Facebooks Rollout der lange angekündigen neuen Funktionen, nun eine ganz andere Dimension erreicht, sind auch Anlass zur Sorge. Sie sind online von zentralen Anbietern vorgefertigt, strukturieren das Spektrum menschlicher Ausdrucksformen und schränken somit potentiell jenen Raum ein, in dem Kultur gemeinsam weiterentwickelt wird. Im realen Leben haben wir ja auch Standards, vom Nicken bis zum Händedruck, diese entwickeln sich aber weiter, getragen von allen, die „es tun“. Das unterscheidet maschinelle Interaktion von menschlicher: dass ihre Ausdrucksformen sich ständig weiterentwickeln, sich ihr Sinn in neuen Kontexten und neuem Gebrauch immer wieder neu erschließt und umdeutet.

Das heisst nicht, dass wir alle verrohen, abstumpfen und clicktivierendes Klickvieh werden. Doch jene Formen (besser: Formatierungen), wie sie Facebook nun etabliert, erlauben nun mal einen deutlich begrenzten Ausdrucksreichtum und keine persönliche Nuance. Ich habe in der Diskussion um KI erst begriffen, dass dies eine von Maschinen auf Jahrzehnte nicht erreichbare Leistung ist: um das zu verstehen, müsste man sich hunderttausende von Algorithmen vorstellen, die voneinander lernen und ihr Verhalten ändern, siehe Game of Life, das immer dieselben Muster reproduziert.

Sprache und andere Formen menschlichen Ausdrucks werden jedoch gemeinsam entwickelt und verändert, bestätigen ihre Bedeutungen im Gebrauch und sind ein lebendiges Gemeinschaftswerk ohne zentrale Steuerung.

 

Nach einer Testphase freuen wir uns endlich Reactions ankündigen zu dürfen. Reactions ist eine Erweiterung des Like-Buttons und bietet den Nutzern mehr Möglichkeiten Ihre Meinung und Gefühlszustand zu einem Beitrag schnell und einfach zu teilen. So kann man ab heute nicht nur „Likes“ verschicken, sondern auch Love, Haha, Wow, Sad oder Angry.

Posted by Facebook Politik und Gesellschaft on Wednesday, 24 February 2016

 


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