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Zinsen unter Null: Wer spart, verliert

von and , 22.9.14

Negative Zinsen auf Staatsanleihen machen den Zentralbankern rund um den Globus gerade einige Sorgen. Ursache sind die Maßnahmen zur Sicherung der Banken. Genauer die Liquidity Coverage Ratio, die nach der Finanzkrise eingeführt wurde. Damit die Banken nicht wieder auf die Idee kommen, einfach wild miteinander zu gambeln, müssen sie sogenannte High Quality Liquid Assets (HQLA) halten. Und zwar so viele, dass sie 30 Tage „Stress“ überstehen.

Als HQLA gilt, was erstklassiges Rating hat (AAA) und am Markt liquide gehandelt wird, also nur Staatsanleihen bester Güte.
Jetzt ist man drauf gekommen, dass es Ecken auf der Welt gibt, die schlicht nicht so viele Staatsanleihen ausgeben, wie die Banken benötigen, um diese Regeln zu erfüllen. Das führt zu einem Nachfrageüberhang, zu steigenden Preisen, und im Extrem zu negativen Zinsen.

Australien war von dem Problem als erstes betroffen, schon 2011. Die Regierung hat nur halb so viel Staatsanleihen aufgelegt, wie die Banken brauchen.

Natürlich sind Banker kreativ, wenn es ums Umgehen regulatorischer Vorschriften geht. Auf einer Banker-Konferenz kürzlich in Hamburg hat YvesMersch, Mitglied im Direktorium der EZB, eine Rede über Collateral gehalten, also über Sicherheiten, die für Kredite hinterlegt werden. Und im lustigsten Teil dieser Rede geht es um die Frage der Mobility, also um die Beweglichkeit dieser hinterlegten Sicherheiten. Könnte ja sein, eine Bank muss die Sicherheit nur zu einem bestimmten Zeitpunkt nachweisen, und die andere früher oder später.

Tatsächlich schauen nicht alle Zentralbanken zur gleichen Zeit nach, wer wieviel HQLA in seinem Portfolio hat. Und elektronisch lassen sich gerade liquide Papiere ziemlich schnell hin und her verschieben. Wenn also die Marktinfrastruktur gut läuft, können ungefähr alle Banken über dasselbe hochwertige Collateral verfügen, wenn sie ihre HQLAs nur schnell genug hin- und her schieben. Soviel zum Umgehen zur Aussagekraft der sogenannten Stresstests, die derzeit gerade laufen und deren Ergebnisse im Oktober veröffentlicht werden.

Natürlich könnten die Banken ihr überschüssiges Geld auch einfach als Cash herumliegen lassen. Aber darauf hat die Zentralbank kürzlich Strafabgaben verhängt. Offiziell sollen ja die von der EZB in den Markt gepumpten Gelder die Wirtschaft fördern, am besten durch Investitionen. Allerdings fehlt auch hier die Nachfrage nach Krediten, weil nicht nur Staaten, sondern auch alle anderen sparen.

Ein Ausweg aus dem Negativzins-Umfeld läge darin, mehr Staatsanleihen herauszugeben, also mehr Schulden zu machen. Allen wäre damit geholfen: den Banken und auch dem Staat, der derzeit damit sogar kostenfrei investieren könnte. Aber selbst wenn Kredite noch so günstig werden, das Spar-Dogma ist bei Finanzpolitikern fest verankert. So kommt es, dass Banken derzeit fürs Geldverleihen Strafe zahlen, während Staaten mit Schulden Gewinne machen könnten, aber lieber darauf verzichten.

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