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Wie das Wirtschaftsministerium INSM-nahe Projekte fördert

von , 10.3.10

Die INSM wurde 2005 bekannt, als herauskam, dass sie für 58.670 Euro Schleichwerbe-Dialoge in der ARD-Serie „Marienhof“ gekauft hatte. Die im Jahr 2000 gegründete, marktliberale Lobbyorganisation wirbt vehement für Steuersenkungen, Privatisierungen und mehr „Eigenverantwortung“ in der Sozialpolitik. Finanziert wird sie von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie. Vergangenen Herbst bekam die Lobbyinitiative Probleme mit dem Norddeutschen Rundfunk und der Zeitschrift „Neon“, weil sie behauptet hatte, die beiden Medien würden über eine ihrer Kampagnen berichten.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) bestätigte auf Anfrage, ein Projekt mit dem Namen „Junior“ finanziell unterstützt zu haben. Träger des Projekts ist die Institut der deutschen Wirtschaft Junior gGmbH, eine Tochtergesellschaft des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), das seinen Sitz bis vor einiger Zeit am Gustav-Heinemann-Ufer 84–88 in Köln hatte. Unter der selben Adresse hatte bis zu ihrem Umzug in ihr neues Büro in Berlin, den die INSM letzte Woche Dienstag feierte, auch die INSM ihren Sitz. Der Direktor des IW, Michael Hüther, ist Mitglied des Kuratoriums der INSM.

Bei dem 1994 gegründeten „Junior“-Projekt sollen Jugendliche unter dem Motto „Schüler als Manager“ im Rahmen von Planspielen lernen, wie Unternehmer zu handeln. Das Projekt verfolgt laut einer Projektbescheibung als Ziel, „Einblicke in die soziale Marktwirtschaft“ zu geben.

Das Wirtschaftsministerium bestätigte, dass die Gesamtzuwendung für das Projekt „Junior“ auch entsprechende Teilbeträge für das ebenfalls von der Institut der deutschen Wirtschaft Junior gGmbH getragene Projekt „Junior-Kompakt“ beinhaltete. „Junior-Kompakt“ wird laut einer Projektbeschreibung direkt vom „Förderverein Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft e.V. unterstützt“. Eine weitergehende Aufschlüsselung, wieviel der „Junior“-Förderung an „Junior-Kompakt“ floss, sei „aufgrund der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ nicht möglich, so Sarah Schneid aus der Pressestelle des Bundeswirtschaftministeriums.

Förderer des „Junior“-Projekts ist neben dem Bundeswirtschaftsministerium auch das „Handelsblatt“. Dessen Chefredakteur, Bernd Ziesemer, moderierte im Juni 2009 eine Veranstaltung der INSM mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die wiederum Teilnehmer des „Junior“-Projekts empfing. Der INSM-Kuratoriumsvorsitzende und frühere Bundesbank-Chef Hans Tietmeyer, der auch Mitglied des INSM-Fördervereins ist, hatte zeitweilig eine eigene Kolumne im „Handelsblatt“. Der IW-Direktor, Michael Hüther, hat aktuell eine eigene Kolumne im „Handelsblatt“.

Wie aus Förderdaten des Bundes hervorgeht, erhält das „Junior“-Projekt vom Brüderle-Ministerium für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2010 eine Fördersumme in Höhe von 500.000 Euro. In der Vergangenheit erfolgte die Förderung des „Junior“-Projekts aus einem Titel des Bundeswirtschaftsministeriums, der die „allgemeine und konzeptionelle Beratung“ von kleinen und mittelständischen Unternehmern (KMU) sowie die „Information und Schulung von KMU und Existenzgründern“ beinhaltet. Seit 2009 erfolgt sie aus dem Titel „Innovative Unternehmensgründungen“. Grund dafür sei eine „Organisationsänderung des BMWi“, so die BMWi-Sprecherin Schneid.

Als die INSM am Dienstag ihr neues Büro in Berlin eröffnete, hielt Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle höchstpersönlich ein Grußwort. Vor rund 300 geladenen Gästen, darunter der Bundestags-Vizepräsident Hermann Otto Solms (FDP), ermutigte Brüderle dort die INSM, „sich weiter kämpferisch für notwendige Reformen der sozialen Marktwirtschaft einzusetzen“. An die Adresse des neuen INSM-Geschäftsführers Hubertus Pellengahr sagte Brüderle: „Bleiben Sie hart und kämpfen Sie weiter”. Brüderle ist zusammen mit dem IW-Direktor Hüther auch Unterzeichner eines „Innovationsappells“ der INSM. Sein Konterfei ziert zudem eine Anzeige der INSM mit dem Titel „Nein zum Reform-Rückschritt!“.

Das „Referat IIC2“ im Bundeswirtschaftsministerium, das für die Förderung des „Junior“-Projekts zuständig ist, gehört zu den Abteilungen des BMWi-Staatssekretärs Bernhard Heitzer. Der Beamte war persönlicher Referent von Martin Bangemann (FDP) und im September 2008 ebenfalls bei der INSM zu Besuch. Dort kritisierte er den gesetzlichen Mindestlohn, den die INSM ebenfalls vehement ablehnt.

Das „Junior“-Projekt wurde im vergangenen Jahr vom BMWi mit 260.000 Euro gefördert. Nach dem Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition erhält das Projekt mit 500.000 Euro in diesem Jahr fast doppelt soviel Steuergelder. „Die Förderung von Unternehmergeist an den Schulen ist ein Schwerpunkt der Initiative ‘Gründerland Deutschland’. Hierzu sollen Initiativen wie Junior weiter ausgebaut und gestärkt werden“, erklärt das Bundeswirtschaftsministerium. Ein Zusammenhang zwischen den Besuchen Brüderles und Heitzers bei der INSM und der Förderung des „Junior“-Projekts durch das Wirtschaftsministerium bestehe nicht.

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