#Auslegung

Wie geht es jetzt weiter mit dem Leistungsschutzrecht?

von , 2.3.13

Der Bundestag hat gestern ein Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse beschlossen, allerdings in einer deutlich abgeschwächten Form. In Kraft treten wird das Gesetz aus zwei Gründen allerdings nicht so schnell.

Das Gesetz muss zunächst noch durch den Bundesrat, und von dort droht Widerstand. Verhindern kann der Bundesrat das Leistungsschutzrecht zwar nicht, da es sich nur um ein sogenanntes Einspruchsgesetz handelt. Das Gesetz müsste nach einem Einspruch des Bundesrates allerdings zunächst in den Vermittlungsausschuss, wo häufig noch Änderungen beschlossen werden.

Das Gesetz sieht außerdem eine Übergangsfrist von bis zu drei Monaten ab Verkündung im Bundesgesetzblatt vor. Das Gesetz tritt nämlich am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. Wenn das Gesetz beispielsweise im Juni verkündet wird, dann würde es zum 01.09. in Kraft treten.

Meines Erachtens geht das Leistungsschutzrecht nicht mehr über das hinaus, was die Verlage aufgrund der Rechtseinräumung durch die Urheber ohnehin verlangen können. Es bleibt allerdings bei dem Widerspruch, dass das Leistungsschutzrecht als ausschließliches Recht ausgestaltet ist, und zwar selbst dann, wenn der Verlag vom Urheber nur ein einfaches Nutzungsrecht erhalten hat. Wie es sich auswirkt, wenn ein Autor seinen Text an mehrere Verlage lizenziert hat, bleibt offen, zumal sich Schutzgegenstand und Schutzinhalt des Leistungsschutzrechts inhaltlich nicht von einzelnen Sprachwerken (Texten) abgrenzen lassen. Für Autoren/Journalisten bietet dieses Leistungsschutzrecht jedenfalls keine Vorteile.

Dieses Leistungsschutzrecht wird allerdings neue Rechtsunsicherheit erzeugen, weil niemand so genau weiß, wie der unbestimmte Rechtsbegriff “kleinste Textausschnitte” auszulegen ist. Vom Wortlaut ausgehend, muss es sich dabei jedenfalls um mehr als um einzelne Wörter handeln, andererseits aber um weniger als um kleine Textausschnitte. Vielleicht hat man hier bereits aus sprachlichen Gründen die Grenzen der möglichen Differenzierung überschritten.

Es könnte durchaus sein, dass sich die Rechtsprechung an das anlehnen wird, was der BGH in der Perlentaucherentscheidung ausgeführt hat. Danach genießen sehr kleine Teile eines Sprachwerkes – wie einzelne Wörter oder knappe Wortfolgen – zumeist keinen Urheberrechtsschutz. Wenn man also “kleinste Textauschnitte” und “knappe Wortfolgen” synonym betrachtet, würde der Schutz des Leistungsschutzrechts regelmäßig dort beginnen, wo auch der originäre urheberrechtliche Schutz einsetzt.

Gemessen daran, sind Dienste wie Google News bereits nach geltendem Recht kritisch. Dass die Verlage bislang nicht dagegen vorgegangen sind, liegt wohl nur daran, dass man kein Interesse daran hat, von Google News ausgesperrt zu werden, sondern gerne gelistet bleiben will, gleichzeitig aber von Google gerne Lizenzzahlungen verlangen würde.

Die Koalitionsfraktionen haben ein Gesetz beschlossen, das den Verlagen nichts nützt, dafür aber zusätzliche Rechtsunsicherheit erzeugt. Und warum macht man das? Weil Angela Merkel den Verlagen ein Leistungsschutzrecht versprochen hat und das auch im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Zumindest eine leere Hülle eines solchen Rechts haben die Verlage heute vom Bundestag auch bekommen.
 

Crosspost von Internet Law

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