von Daniel Bröckerhoff, 14.4.14
Ich bin kein Fan irgendeiner Sportart, aber ich bin noch weniger Fan von Sportberichterstattung, die für sich selber in Anspruch nimmt, Journalismus zu machen.
Was die Stuttgarter Medien am 10. April versammelt ankündigten, bestätigt mich in meinem Vorurteil: Wer über Sport berichtet, ist oft nichts anderes als ein Hofberichterstatter.
Eine Ausnahme bildet der Kollege Jens Weinreich, der in seinen Recherchen aufzeigt, dass Sport längst nicht mehr nur Unterhaltung ist, sondern ein internationales Milliardengeschäft mit allen Schweinereien, die im Allgemeinen dazu gehören.
Entsprechend kritisch sieht er auch seine unkritischen Kollegen. Und entsprechend empört zeigte er sich auf Facebook:
Der Text hinter dem Link kündigt an, dass die Stuttgarter Medien sich versammelt dazu entschlossen haben, “den VfB Stuttgart im Abstiegskampf zu unterstützen”.
Und weil sich “die Vertreter von Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern” scheinbar schon klar darüber waren, was für einen journalistischen Mäusemist sie da beschlossen haben, schoben sie schnell hinterher:
Unberührt davon bleibt die jeweilige Berichterstattung über den Verein, die weiterhin kritisch-neutral sein und die nötige journalistische Distanz haben muss.
Äh, ja. Klar. Total journalistisch-distanziert, so eine Aktion.
Als kleines Experiment hab ich mal ein paar Wörter in dem Text ausgetauscht:
“Am Anfang stand die alles entscheidende Frage: wird die journalistische Freiheit in irgendeiner Weise beschnitten? Als sich die Vertreter von Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern am Dienstagnachmittag gegenseitig ein klares Nein zur Antwort gaben, war die gemeinsame Initiative der Stuttgarter Medien ins Leben gerufen. Diese hat es sich nun zum Ziel gesetzt, die CDU im Wahlkampf zu unterstützen. Unberührt davon bleibt die jeweilige Berichterstattung über die Partei, die weiterhin kritisch-neutral sein und die nötige journalistische Distanz haben muss.
Die Stuttgarter Medien eint das Interesse an der Bundespolitik. Dafür wollen sie ihre Möglichkeiten nutzen und die Leser, Zuschauer und Zuhörer in der Region unter dem Motto „Jetzt schwarz!“animieren, gemeinsam ihre Verbundenheit mit der CDU zu zeigen und so den Kandidaten Schwung zu geben. Vor jedem der verbleibenden fünf Wahlen wird es deshalb eine entsprechende Aktion geben.”
So ein Unsinn, sagt jetzt der kritische Fußballfan. Fußballvereine und Parteien kann man doch nicht vergleichen. Das ist doch wie Äpfel und … Fußbälle vergleichen!
Wir können ja spaßeshalber noch ein Experiment machen:
Am Anfang stand die alles entscheidende Frage: wird die journalistische Freiheit in irgendeiner Weise beschnitten? Als sich die Vertreter von Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern am Dienstagnachmittag gegenseitig ein klares Nein zur Antwort gaben, war die gemeinsame Initiative der Stuttgarter Medien ins Leben gerufen. Diese hat es sich nun zum Ziel gesetzt, Daimler-Benz in der Rezession zu unterstützen. Unberührt davon bleibt die jeweilige Berichterstattung über das Unternehmen, die weiterhin kritisch-neutral sein und die nötige journalistische Distanz haben muss.
Die Stuttgarter Medien eint das Interesse am Wirtschaftsstandort Stuttgart. Dafür wollen sie ihre Möglichkeiten nutzen und die Leser, Zuschauer und Zuhörer in der Region unter dem Motto „Jetzt Stern tragen!“animieren, gemeinsam ihre Verbundenheit mit Daimler zu zeigen und so den Mitarbeitern Schwung zu geben. Vor jedem der verbleibenden Verkaufswochenenden vor der Aktionärssitzung wird es deshalb eine entsprechende Aktion geben.
Wer es jetzt noch nicht merkt, was die Kollegen da beschlossen haben, merkt vermutlich auch sonst nichts mehr.
Update
Nachdem mich @script0r darauf hinwies, dass ich ja gar nicht an journalistische Objektivität glaube, hab ich die Headline geändert. Der erste Titel lautete “Wie die Stuttgarter Medien einmal gesammelt die Objektivität abschafften”.
Jens Weinreich wies mich außerdem darauf hin, dass er gar nicht empört sei. An solches Gebaren habe er sich längst gewöhnt.
Crosspost von Daniel Bröckerhoff.
- Bruno Bienzle, Kontext:Wochenzeitung: Zwei Zeitungen im Brustring