#Bürgerbeteiligung

Wie die Hamburger Grünen kohlrabenschwarz wurden

von , 17.11.10

Vernachlässigt wurde der Hamburger Süden ja immer schon. Das hat viele Gründe, vor allem historische. Alles, was südlich des Hafens lag, war nie wirklich hanseatisch. Die Stadtkreise Harburg und Wilhelmsburg z.B. gehörten zur Provinz Hannover und gelangten erst 1937 durch das Groß-Hamburg-Gesetz zu Hamburg. Fremd blieben sich die ungleichen Hälften der Stadt auch in den Jahrzehnten danach.

Dann aber, im neuen Jahrtausend, plante Hamburg den großen „Sprung über die Elbe“. Das Gelände südlich des Hafens (und der neuen Hafencity) sollte aufgewertet und ausgebaut werden. Die Rede war von einem ökologisch-sozialen Vorzeigeprojekt. Doch die anfängliche Begeisterung über die neue Stadtpolitik wich schon bald dem Zorn über die mangelnde Beteiligung der Bürger an den Planungen.

Und jetzt scheint den Wilhelmsburgern und Harburgern endgültig der Kragen zu platzen. Ausgerechnet unter einer grünen Regierungsbeteiligung soll ihnen all das vor die Nase gesetzt werden, was die Grünen als Bundespartei vehement ablehnen. Hier ein Auszug aus dem Protestbrief der „engagierten Wilhelmsburger und Harburger“:

„Während die Grünen bundesweit gegen Kohlekraftwerke demonstrieren, geht demnächst in der Europäischen Umwelthauptstadt Deutschlands größtes Kohlekraftwerk ans Netz, mit 8 Millionen Tonnen CO2 jährlich – das ist doppelt so viel wie der CO2-Ausstoß des gesamten Hamburger Straßenverkehrs.

Während die Grünen in ihrem Parteiprogramm ‚Neue Wege statt neuer Straßen’ fordern und z.B. in Berlin gegen die dortigen Pläne für eine Stadtautobahn eintreten, sollen in der Europäischen Umwelthauptstadt Hamburg gleich 2 Stadtautobahnprojekte durchgesetzt werden: die so genannte Hafenquerspange – eine ökologische und stadtplanerische Katastrophe – mitten durch einen dicht besiedelten Ballungsraum in Hamburgs Mitte. Und den als ‘Verlegung’ getarnten Ausbau der Wilhelmsburger Reichstraße zu einer zusätzlichen Stadtautobahn – mit allen Folgen für die Hamburger CO2- und Feinstaubbilanz und den Auswirkungen auf die täglichen Staus in der Hamburger City und vor den Elbbrücken.

Während die Grünen in Stuttgart ‚mehr Bürgerbeteiligung’ einfordern, praktiziert eine Grüne Senatorin in der Europäischen Umwelthauptstadt Hamburg eine Basta-Politik wie im letzten Jahrhundert und führt Bürgerbeteiligung ad absurdum.“

Die Stuttgarter sollten die Entwicklung in Hamburg deshalb genau beobachten. Damit sie nicht überrascht und enttäuscht sind, wenn die Grünen als künftige baden-württembergische Regierungspartei möglicherweise anders handeln, als sie es vor der Wahl versprochen haben.

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Wer sich für den Hamburger Süden interessiert, kann sich hier eine Reportage vorlesen lassen, die ich vor einigen Jahren für das GEO-Special “Hamburg” geschrieben habe.

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