#Gebührenmodell

Wettbewerb in der öffentlichen Rundfunkfinanzierung

von , 26.1.13

Am 2. Mai 1924 begrüßte der Intendant der Nordischen Rundfunk AG (NORAG) Hans Bodenstedt zum ersten Mal offiziell die damals 896 zahlenden Hörer der NDR- und WDR-Vorgängerorganisation, und, wie Bodenstedt ironisch bemerkte, die vielen „ungezählten Schwarzhörer, die ungeduldig darauf warten, ihren Obolus zahlen zu können“.

Am 1. Januar 2013, mit der Einführung der Haushaltsabgabe, die die Rundfunkgebühr ablöst, ist es nun endlich so weit. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass die Schwarzhörer und Schwarzseher, die 2,3 Millionen Menschen, die bislang nur die Drittelgebühr für Radio und Computer zahlten, und die 800.000 Menschen, die bislang aus gesundheitlichen Gründen von der Rundfunkgebühr befreit waren, allzu ungeduldig darauf gewartet haben, endlich die neue Abgabe entrichten zu dürfen. Laut einer aktuellen Studie von Robert Schlegel und Wolfgang Seufert von der Universität Jena liegt die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft für öffentlich-rechtliche Medien lediglich bei etwa der Hälfte der tatsächlichen monatlichen Abgabe von 17,98 €.

So mehren sich die kritischen Stimmen gegen die Haushaltsabgabe. Eine erste Klage dagegen wurde bereits im Mai 2012 eingereicht. Bis heute nahmen mehr als 39.000 Menschen an der Unterschriftenaktion gegen die aktuelle Form der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks teil. Paul Kirchhofs Vergleich des Rundfunkbeitrags mit einer Kurtaxe in der FAZ wurde von den Lesern sehr kritisch aufgenommen. Eines der zentralen Elemente des öffentlichen Rundfunkauftrags, das Grundversorgungsmandat, wird grundsätzlich auf seine Anwendbarkeit im Internet-Zeitalter überprüft. Die Akzeptanz des Systems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befindet sich demnach in einer Krise. Doch welche Alternativen gibt es?

Aus Großbritannien, dem Mutterland des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, stammt die Idee eines offenen Rundfunketats. Um Mittel aus diesem Etat könnten sich verschiedene Anbieter bewerben, die nach öffentlich-rechtlichen Kriterien förderungswürdige Angebote bereitstellen würden. Der schottische Volkswirt Alan Peacock hatte das Konzept  1986 vorgeschlagen, 2004 griff es die Regulierungsbehörde Ofcom wieder auf. Die britische Debatte um die Einführung von Wettbewerb in der öffentlichen Medienfinanzierung wird also schon lange geführt, wenn sie auch zuletzt etwas eingeschlafen ist. Als ein Referenzbeispiel dient dabei Neuseeland, wo ein derartiges Modell bereits seit 1989 existiert.

Auch in Deutschland gibt es Überlegungen hinsichtlich der Einführung von Wettbewerb in der öffentlichen Rundfunkfinanzierung. So schlugen die Ökonomen Hanno Beck und Andrea Beyer einen Rundfunkfonds vor, in welchem die jetzigen Rundfunkabgaben aufgehen sollen. Um Mittel aus diesem Fonds könnten sich öffentlich-rechtliche wie private Rundfunkanstalten initiativ oder auf Ausschreibungen bewerben. Der Fonds würde zum Wahrer des Grundversorgungsmandats. Die unabhängige Aufsicht würde einem Rundfunkrat obliegen, der wie bei den Sozialwahlen in den Sozialversicherungen von den Bürgern gewählt würde. Rundfunkrat, Fonds und grundgesetzlicher Rundfunkauftrag würden von den Anstalten entkoppelt. Laut Beck und Beyer würde das Modell des Rundfunkfonds verstärkt Anreize zu wirtschaftlichem Verhalten setze, die Bereitstellung meritorischer Programmteile wäre weiter gewährleistet und auch dem Gebot der Staatsferne würde Rechnung getragen.

Der Vorschlag, den Fonds auf die gesamten Rundfunkabgaben anzuwenden, erscheint radikal und realpolitisch mittel- bis langfristig in Deutschland kaum umsetzbar. Was hingegen möglich erscheint, ist die Erprobung eines derartigen Verfahrens auf Mikroebene. Wenn auch in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen, so sehen doch alle 14 Landesmediengesetze Pilotprojekte und Modellversuche vor. Die Erprobung des Rundfunkfonds wäre einen Versuch Wert. Im Gegensatz zu den Kabelpilotprojekten – eines davon hat bekanntlich maßgeblich zur Einführung des Privatfernsehens beigetragen – sollte dabei aber ergebnisoffen erprobt werden.

 

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.