#Bundestag

Wer mobbt wen im Deutschen Bundestag? [Update]

von , 9.9.10

Wie hier berichtet, habe ich mich vor einiger Zeit mit einer Anfrage zu verschiedenen Themen an die Verwaltung des Bundestages gewandt. Dabei fragte ich auch, in wievielen Fällen in den vergangenen drei Jahren bei der Bundestagsverwaltung Verfahren wegen des Verdachts auf Mobbing angestrengt wurden. Der Aktenplan der Verwaltung des Deutschen Bundestages enthält nämlich unter dem Punkt “Psychosozialer Dienst” auch einen Verweis auf “Mobbing”. Die Antwort der Bundestagsverwaltung lautet:

“In den letzten 3 Jahren sind in der Bundestagsver­waltung in fünf Fällen Verfahren wegen des Verdachts auf Mobbing angestrengt worden.“ Daraufhin eingeleitete Untersuchungen hätten im Ergebnis jedoch “in keinem Fall zu einer Bestätigung des jeweili­gen Mobbingverdachts geführt.”

Was sich auf den ersten Blick unspektakulär anhört, bedeutet jedoch im Umkehrschluss: Entweder es gibt in der Bundestagsverwaltung Personen, die gemobbt werden, sich bei ihrem Arbeitgeber beschweren und nicht zu ihrem Recht gelangen oder es gibt in der Bundestagsverwaltung Personen, die nicht gemobbt werden und sich zu Unrecht beschweren. Beides steht der Verwaltung des Gesetzgebers nicht gut zu Gesicht.

Auf Anfrage erklärte Anna Rubinowicz-Gründler von der Bundestags-Pressestelle mit, man könne auch schlussfolgern, “dass es sich in allen Fällen um Differenzen und Missver­ständnisse handelte, die gerade nicht die Qualität von Mobbing erreicht haben oder sich bspw. durch das Mediationsverfahren haben lösen lassen.” Ob Fälle durch Mediation gelöst werden konnten, konnte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage aber nicht sagen*. Dass Personen allein wegen „Differenzen“ oder gar wegen „Missverständnissen“ gleich ein formelles Verfahren wegen Mobbings bei der Bundestagsverwaltung einreichen, erscheint eher unwahrscheinlich – einmal ganz abgesehen von Fällen, in denen sich Personen, die gemobbt werden, gar nicht beschweren und in der Statistik gar nicht auftauchen.

Das Konterfei von Bundestagspräsident Norbert Lammert ziert übrigens die Webseite der Initiative “Pro Fairness gegen Mobbing“. Auf der Seite der Initiative, bei der unter anderem auch “Steffen Seibert Journalist” (sic!) und “Cherna Jobatey” (sic!) “Statements zu Engagement” geben, heißt es, Lammert teile nachdrücklich die “Bewertung, dass Mobbing ein ernsthaftes gesellschaftliches Problem ist, ob am Arbeitsplatz, in der Schule oder im privaten Umfeld.” Ob und in welcher Weise sich Lammert gegen Mobbing engagiert oder was er im Bundestag gegen Mobbing tut, teilte Lammert auf Anfrage allerdings nicht mit.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung, die sich erfolglos über Mobbing beschwert haben oder Opfer eines ungerechtfertigten Mobbingsvorwurfs wurden, sind aufgerufen, sich vertrauensvoll an mich zu wenden. Ich bin über [email protected] zu erreichen.

* Das Pressereferat der Bundestagsverwaltung hat heute (13. September) mitgeteilt, dass es in den letzten drei Jahren kein einziges Mediationsverfahren im Zusammenhang mit Mobbing gab.

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