Wahlkampf 2009: “TV-Duelle” gehören allen

von , 9.10.08

Neben der Pornographie sind Wahlkämpfe wohl einer der wichtigsten Katalysatoren für den Medienwandel. In Wahlkämpfen verdichtet sich das Machtstreben der politische Kommunikation und greift dabei zu allen Mitteln – was die Phantasie anregt. In den innovationsvernarrten USA kann man gerade beobachten, wie sich für Barack Obama die besser inszenierte Beherrschung der Online-Wahlkampftechniken fast schon zum Nachweis seiner besseren Eignung für das Präsidentenamt  auswächst.

Hierzulande wird unterdessen versucht, sich in den guten alten Wahlkampfriten zu wiegen. RTL und SAT.1 haben, wie der Tagesspiegel berichtet, gut ein Jahr vor der Bundestagswahl schon mal die Kandidaten angeschrieben und zum Duell eingeladen. Es soll zwei “TV-Duelle” geben: Eines bei RTL und SAT.1 und – natürlich – eines bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz.

Doch halt. Die TV-Sender glauben ernsthaft, sie würden noch in der Schröder-Medienwelt von 2005 leben. Weit gefehlt. Die großen TV-Sender sind längst nicht mehr die einzigen, die “TV” übertragen können und wollen. In den USA werden die Debatten der Präsidentschaftskandidaten längst auch von Websites wie etwa von der Washington Post übertragen. Es gibt keine “TV-Duelle” mehr, sondern nur noch “Duelle” oder “Debatten” – Bewegtbildinhalte, die eine große Zahl von Anbietern verbreiten kann – und wohl auch möchte.

Damit kommen wir zum entscheidenden Punkt: Die Debatten der Kanzlerkandidaten Merkel und Steinmeier sollten “public domain” sein und allen gehören. Jeder sollte sie übertragen und kommentieren können. Die Kanzlerkandidaten sollten sich nicht mehr mit ihren Debatten in den Dienst einzelner Medienunternehmen stellen. Denn selbstredend geifern ARD, ZDF, SAT.1 und RTL schon danach, sich mit diesen Debatten imageträchtig ins Bild zu setzen.

Dieses Spiel sollte man den alten TV-Stationen verderben. Die Breitband-Gesellschaft hat ein Recht darauf, dass derartige politische Inszenierungen nicht privatisiert werden. Auch hier kann man sich an dem Modell der USA orientieren. Die Debatte sollte von einer kleinen, hoch angesehen Institution durch geführt werden. Hierzu würde sich Phoenix eigen. Phoenix führt die Debatte durch und stellt sie jedem, der dies wünscht, kennungs- und kostenfrei zur Verfügung. Das wäre eine Lösung, die der Dezentralität und der Vielfalt des Breitband-Zeitalters angemessen wäre.

Aber werden die Kandidaten das verstehen? Werden Sie die medienpolitische Relevanz ihrer Entscheidung verstehen?

Zu Befürchten ist: Weder Merkel noch Steinmeier sind Obama. Und im Zeifelfall kungeln sie lieber mit der Glotze.

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