von Torsten Larbig, 13.1.13
Es stimmt, dass geschlossene „soziale Plattformen“ eine ganze Menge Diskussionen an sich ziehen. Immer mehr an thematischen und eher belanglosen Gesprächssträngen wird hinter Registrierungsschranken verborgen. Teilweise sind die Inhalte zwar frei zugänglich, aber um mitreden zu können, muss zunächst diese Schranke überwunden werden. Da mit den Daten, die mit der Registrierung und der sich anschließenden Nutzung eines Dienstes anfallen, kommerzielle Interessen verbunden sind, sind „Bezahlschranken“ längst im Netz etabliert: Nutzer bezahlen mit ihren Daten und Aktivitäten.
Alternativ gibt es kurze Nachrichten, zum Beispiel auf Twitter, aus denen sich immer wieder spannende Diskussionsstränge entwickeln, die aber wenig dokumentiert und somit auch schnell wieder verloren sind. –
Und obwohl das alles stimmt, war meine erste Reaktion auf Johnny Häuslers auf Spreeblick veröffentlichte Position irritiert, folgert Häusler doch, dass man das eigene Blog, die eigene Website wieder mehr ins Zentrum der Aktivitäten im Netz stellen sollte.
Vielleicht war ich irritiert, weil ich keinen Facebook-Account habe, erst seit wenigen Wochen mit Google+ Erfahrungen sammle, und seit Mitte 2008 dieses Blog führe.
Zugegeben: Die Diskussionsdichte hier ist nicht so kontinuierlich wie in anderen Blogs, aber ich bin mit ihr zufrieden.
Wahrscheinlich könnte ich mehr Diskussionen führen und Anregungen von Dritten bekommen, würde ich den einen oder anderen Inhalt auf Facebook lagern und in entsprechende Gruppen einspeisen. Damit gäbe ich aber die Offenheit meiner Inhalte auf, auf die eben doch sehr viele über Suchmaschinen kommen, für die die Inhalte verloren wären, lagerten sie auf Facebook.
Dennoch habe ich die Finger nach kurzem Test schnell wieder von Facebook genommen und das Blog weiter geführt. Deshalb freut mich natürlich die Einsicht Johnny Häuslers, die den Eigenwert von Blogs und Websites in der Hand des Betreibers betont. Deshalb überrascht mich die Einsicht Johnny Häuslers, habe ich das Blog doch nie verlassen.
Seit längerem schon bin ich der Meinung, dass jeder Netzbürger eine eigene Basisstation braucht, die, je nach den eigenen Vorstellungen, für Freunde und Bekannte zugänglich oder aber öffentlich ist. Von dieser Basis ausgehend kann man dann das Netz knüpfen, andere Blogs verlinken, auf Blogs reagieren und Backlinks benutzen, wie das dieser Beitrag hier tut, wenn ein Beitrag für die Kommentarspalte möglicherweise zu lang wird und sich zu einem eigenständigen Artikel hin entwickelt.
Und dennoch gibt es diesen Hang zur Zentralisierung von Inhalten, begegnete mir gerade im Jahr 2012 in Diskussionen um die Frage, wie Ressourcen im Netz verfügbar gemacht werden können, weniger Netz- als vielmehr Zentralisierungsvorstellungen. Der Wunsch nach einer stromlinienförmig schnellen Nutzbarkeit aller Ressourcen ist verständlich, da jeder meint glauben zu müssen, man habe individuell und kollektiv keine Zeit, um Umwege zu gehen, die Fäden des Netzes regelmäßig zu entwirren und den Weg des aktiven Vernetzens als Eigenwert zu sehen und zu erleben.
In der Regel brauche ich keine Verzeichnisse zum Beispiel von Unterrichtsmaterial, um zu finden, was mich bei meiner Arbeit unterstützt oder mich intellektuell herausfordert und weiterbringt. Dazu brauche ich viel mehr ein gutes Netz wacher und aktiver Menschen, wobei dieses persönliche Netzwerk über das digitale selbstverständlich hinaus geht.
Damit sind keine Amigostrukturen gemeint, keine Netzwerke, die alleine auf Beziehungen beruhen, sondern Netzwerke, die wachsen, komplex werden können und nicht in sich abgeschlossen sind. Spreche ich von Netzwerken im Plural, dann meine ich das auch so. Es kann locker miteinander verbundene Netzwerkbündel geben, in denen ich mich bewege, in denen jeweils unterschiedliche Interessengebiete im Zentrum stehen. Eine solche Vernetzung ist harte Arbeit. Dafür aber hat sie den zentralen Mehrwert, dass „Freundschaften“ in solchen Strukturen aus mehr bestehen als nur einem Mausklick, der eine solche Verbindung herstellt.
So komfortabel Facebook, Twitter, Google+, Xing, Audioboo, Tumblr, Instagram, Tadaa etc. das mit dem „Sich-Vernetzen“ auch gestaltet haben: Vernetzung entsteht nicht durch einen Klick. Vernetzung ist eine Aktivität. Man hat nie ein Netzwerk, das starr wäre, sondern ist immer gefordert, zu vernetzen. Damit ist auch verbunden, dass Knoten gelöst werden, ohne dass das gleich mit so einem dramatischen Begriff wie „blockieren“ verbunden wäre.
Ich hoffe, Johnny Häuslers Aufruf zu Reaktivierung eigener Websites und Blogs wird gehört und befolgt. Und dann freue ich mich auf rege Aktivitäten in den Netzwerken außerhalb geschlossener Plattformen mit ihren Registrierungsschranken. Die Rolle dieser Plattformen in einer (reaktivierten) aktiven Bloggerwelt ist dann neu zu bestimmen.
In diesem Sinne wünsche ich ein produktives und kreatives Jahr 2013.
Dieser Beitrag wurde von Johnny Häuslers Artikel „2013: Das Web zurückerobern“ angeregt und versteht sich als meine reflektierende Verarbeitung dieser Denkanregungen.
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