#Barack Obama

Trumps Weg zur US-Präsidentschaft

von , 26.1.16

Donald Trump wird hierzulande gern als Clown und aberwitziger Kandidat gesehen. Die Süddeutsche Zeitung beispielsweise titelte im August letzten Jahres: „USA – Neun Kandidaten und ein Clown“. In ihrer Wochenendausgabe sprach sie von Trump einem „irren Typ“. Wer die Sprüche von Trump liest und hört, mag tatsächlich denken, dass er sich besser als Zirkusdarsteller eignen würde denn als Präsident der Vereinigten Staaten.

In Wirklichkeit ist aber er derjenige aus dem ganzen Kandidatenfeld, der wahrscheinlich die Nominierung seiner Partei erhalten und sogar die Präsidentschaftskandidatur gewinnen könnte.

Die Marke Trump

Trump mimt in seinen Reden den Einfältigen, der die Welt nur in groben Zügen versteht, simple Lösungen für komplexe Probleme vorschlägt und sich hinter Allgemeinplätzen versteckt. Spott und Kritik an seinen offensichtlichen Fehlurteilen und Wissenslücken lässt er abperlen.

Seine Karriere hingegen zeigt, dass er die Marke „Donald Trump“ sehr geschickt aufgebaut und kommerziell verwertet hat. Nicht erst seit seinem Eintritt in die politische Arena lebt er von seiner Bekanntheit. Wer weiß schon, dass ein großer Teil seiner Einnahmen darauf beruhen, dass er seinen Namen an Immobilienentwickler lizensiert, die dann überall auf der Welt Trump-Towers bauen, die Trump gar nicht selbst gehören?

Mit seiner blonden, toupet-ähnlichen Frisur ist er leicht wiedererkennbar. Bereits vor seiner Kandidatur schaffte er mit seinen öffentlichen Zweifeln an Obamas Geburtszertifikat eine mediale Reichweite, die bis auf Hillary Clinton kein anderer Kandidat erreichte. Die Marke Trump steht ziemlich gut da, trotz oder vielleicht aufgrund des Spotts.

Die Datenmaschine Trump

Doch Trump ist mehr als ein genialer Selbstdarsteller. Für seine Wahlkampf-Kampagne arbeitet unter anderem ein Data-Team, das Zugriff hat auf die Wählerdaten des Republican National Committees, also der Republikanischen Partei, hat. Um an diese Datensätze heranzukommen, verpflichtete sich Trump, nicht als unabhängiger Kandidat anzutreten, falls es für seine Nominierung nicht reichen sollte.

“The data push is focused on integrating information Trump has collected, through his campaign website and at voter rallies, on nontraditional or unregistered supporters. It also includes commercial data obtained from the RNC and other sources, in an effort to mobilize voters in key early states, the sources said. […] The campaign’s data team is also integrating data collected from Eventbrite, the online service it uses to organize its rallies, sources said. The goal is to fold all that new and purchased data, which includes contact and other information for supporters who aren’t registered to vote, into the RNC’s massive voter file.”

(Quelle: www.politico.com/story/2016/01/trump-builds-data-juggernaut-217391)

Diese Daten sind sehr viel wert. Anders als in Deutschland wissen die Teams der US-Wahlkämpfer genau, in welchem Bezirk Unterstützer, Gegner und Unentschlossene wohnen. Als ich 2008 in New Hampshire bei der Kampagne für Obama den Wahlkampf vor Ort miterlebte, staunte ich, welche detaillierten Daten über die Wähler vorhanden waren, ob ökonomische Daten und früheres Stimmverhalten. Sowohl Republikaner als auch Demokraten kennen ihre Wähler bestens.

Zudem kommt es im US-Wahlsystem bekanntermaßen nicht darauf an, die meisten Stimmen (popular vote) zu erhalten (sonst wäre Al Gore der 43. Präsident geworden und nicht George W. Bush). Es reicht aus, die Mehrheit der Wahldelegierten (electoral college) auf seiner Seite zu haben. Damit rücken sowohl im Vorwahlkampf als auch später im Präsidentschaftswahlkampf einige wenige US-Bundesstaaten, wie Ohio und Florida, in den Fokus der Kampagnen. In diesen Bundesstaaten sind es wiederum einige wenige Wahlbezirke, die am Ende bestimmen, wer die Stimmen des gesamten Bundesstaats erhält.

Trump als Beschützer bildungsferner, weißer Amerikaner

Wahlen in Amerika sind datengetrieben – und die Trump-Kampagne ist auf diesem Gebiet den anderen Kampagnenteams ebenbürtig. Die Analyse zeigt, dass Trump mit seinen Botschaften genau bei den Wählern gut ankommt, die er zum Gewinnen der Nominierung und der Präsidentschaftswahl benötigt.

Trumps Kampagne spielt mit zwei Motiven: der Angst vor dem Fremden und der Überhöhung der glorreichen nationalen Geschichte. Mit der Furcht vor Fremden spielt er in seinen Tiraden gegen Globalisierung, Handelsabkommen und die Macht der Chinesen ebenso wie in seinen Vorschlägen, eine Mauer nach Mexiko zu bauen und keine Muslime mehr ins Land zu lassen.

Die Überhöhung der eigenen Vergangenheit zeigt sich etwa in seinem Slogan „Make America great again“, der Motive der Einzigartigkeit des US-Wirtschafts- und Gesellschaftssystems aufgreift. Im Mittelpunkt seiner Kampagne steht die amerikanische Mittelklasse.

Auch andere Kandidaten haben ähnliche Themen, Republikaner-Konkurrent Ted Cruz zum Beispiel setzt ebenfalls auf die Angst vor Fremden, der demokratische Kandidat Bernie Sanders auf die großartige Vergangenheit. Doch nur Trump gelingt es, beide Botschaften glaubwürdig bei einer Zielgruppe unterzubringen, die wahlentscheidend sein wird: weiße Amerikaner ohne College-Abschluss.

7% der bildungsfernen weißen Amerikaner machen Trump zum Präsidenten

Obwohl die sogenannten „Non-College Educated Whites“ zahlenmäßig innerhalb der Wählerschaft abnehmen, sind sie in den Swing States nach wie vor wahlentscheidend. Sehr gut verdeutlichen lässt sich das im Tool „What would it take to turn Blue States into Red?“ des Statistik-Portals „fivethirtyeight.com“ .

Basierend auf den Wahlergebnissen von 2012 nimmt die Daten-Animation vereinfachend fünf Wählergruppen an: College-Educated Whites, Non-College-Educated Whites, Black, Latino und Asian/Others. In Kombination mit aktuellen demographischen Daten wird angenommen, dass die Wahlbeteiligung und Wahlpräferenz gleichbleibt. Für jede dieser Wählergruppen kann man nun sowohl die Wahlbeteiligung als auch die Parteipräferenz verändern. Wenn alles gleich bliebe, hätten die Demokraten eine Art „blue Wall“ (Blau ist die Farbe der Demokraten) um die Electoral Votes errichtet – sie würden mit 332 Electoral Votes bequem die Präsidentschaft erringen.

“Democrats’ coalition of non-white, young and well-educated voters continues to expand every election, while Republicans’ coalition of white, older and less-educated voters keeps shrinking. […] It’s true that if every demographic group were to carry its 2012 levels of turnout and party support into 2016, Democrats’ lead in the national popular vote would expand from 3.9 percentage points to 5.1 points based on population trends alone. But […] Democrats’ advantage in the Electoral College is much more tenuous than it’s often portrayed.”

(Quelle: www.politico.com/story/2016/01/trump-builds-data-juggernaut-217391)

Ein Erfolg von Trump lässt sich mit dem Tool per Schieberegler visualisieren: Man nehme die Zielgruppe der Non-College-Educated Whites und schiebe den Regler von 62% auf 69% in der Zustimmung für die Republikaner. Auf einmal werden aus 332 Electoral Votes für die Demokraten nur noch 256, aus 206 Electoral Votes der Republikaner werden 282 Electoral Votes. Trump muss es also lediglich schaffen, 7% der Non-College-Educated Whites mehr auf die Seite der Republikaner zu ziehen. Trumps Strategie scheint sehr erfolgversprechend.

Szenario 1: – Non-college-educated Whites vote 62% for Republicans.

2016-01-24-projects.fivethirtyeight.com- http projects.fivethirtyeight.com 2016-swing-the-election -18-33-32

2016-01-24-projects.fivethirtyeight.com- http projects.fivethirtyeight.com 2016-swing-the-election -18-32-50

Quelle: Screenshots von projects.fivethirtyeight.com/2016-swing-the-election/

Szenario 2 – Non-college-educated Whites vote 69% for Republicans
Szenario 2 geht davon aus, dass alle anderen Wählergruppen ihre Wahlbeteiligung und Wälerpreferenz nicht verändern.

2016-01-24-projects.fivethirtyeight.com- http projects.fivethirtyeight.com 2016-swing-the-election -18-31-40

2016-01-24-projects.fivethirtyeight.com- http projects.fivethirtyeight.com 2016-swing-the-election -18-32-26

Quelle: Screenshots von projects.fivethirtyeight.com/2016-swing-the-election/

Fivethirtyeight.com hat auch andere mögliche Verschiebungen analysiert. Wenn beispielsweise in allen fünf Zielgruppen nur 3% der Wähler ihre Loyalität von den Demokraten zu den Republikanern wechseln, hätten die Republikaner 315 Stimmen.

Es bedarf relativ kleiner Veränderungen, um das Wahlergebnis entscheidend zu drehen. Genau das weiß Trump – und dass er mit seinen Botschaften die Zielgruppe der verunsicherten, bildungsfernen, weißen Amerikaner bestens erreicht.

Das Traumpaar Sarah Palin und Donald Trump

Unterstützung bekommt Trump auch von Sarah Palin. Seit ihrer Kandidatur vor acht Jahren gemeinsam mit John McCain hat sie das Image der „Hockey Mom“ perfektioniert. Das Bild der Hausfrau und Mutter, die ihre Kinder zum Football oder eben zum Ice Hockey begleitet, während der Mann das Familieneinkommen erwirtschaftet, ist auch in den USA längst von der Realität überholt, und dennoch tief in der amerikanischen Kultur verankert.

Palin bekundete in ihrer Rede für Trump, dass der dafür sorgen könne, diese Fata Morgana der amerikanischen Gesellschaft Realität werden zu lassen. Palin und McCain waren ein politisches Paar mit ungleichen Botschaften, Trump und Palin hingegen ergänzen sich perfekt. Und da Palin nicht als Vizepräsidentin kandidiert, können selbst ihre mäandernden und unlogischen Wortschöpfungen Trump nicht schaden.

Die Re-Inszenierung des Donald Trumps

In der politischen Berichterstattung wird gelegentlich behauptet, Trumps Auftreten sei so polarisierend, dass er später im Präsidentschaftswahlkampf gegen eine Kandidatin wie Hillary Clinton keine Chance hätte. Tatsächlich lehnt ein großer Teil der Wähler Trump ab, insbesondere die Wähler der Demokraten. Aus Sicht von Trump ist das nicht schlimm – er benötigt diese Wähler nicht, um eine Mehrheit der Electoral Votes zu bekommen.

Doch auch für seine Inszenierung während des Hauptwahlkampfes sorgt Trump vor. Schon jetzt bemüht er immer wieder das Motiv, er könne Menschen lagerübergreifend zusammen bringen. Diese Botschaft – so Trump gegenüber Showmaster Jimmy Fallon – werde er einsetzen, um die Menschen für seine Sache zu mobilisieren: „Believe it or not, I can really bring people together.“

Obschon er immer wieder gegen republikanische Mantras verstößt – zum Beispiel Obama auch lobt oder Ehrlichkeit unterstellt – ist es bemerkenswert, wie zahlreich seine Veranstaltungen besucht werden. Trump schafft es erstaunlicherweise, viele unterschiedliche Gruppen innerhalb der Republikaner zu fesseln. Er behauptet von sich, dass er jemanden öffentlich erschießen könne und trotzdem seine loyalen Unterstützer behalten würde.

Trump ist auch ohne TV-Werbung ständig präsent im News Cycle der amerikanischen Medien – durch kleine Soundbites, Tweets, Rangeleien mit anderen Kandidaten und seltsamen Ideen. Allein diese Medienpräsenz scheint ihm die Zustimmungsraten in den Umfragen zu verschaffen.

Seine Strategie geht noch darüber hinaus. Wie das POLITICO Magazin berichtet, ist sein Ziel, sich nach dem Gewinn der Vorwahlen als Geschäftsmann und Familienmensch, der als Außenseiter in Washington aufräumen würde, neu zu inszenieren.

„After winning the nomination on the first ballot, Trump unifies the party he has fractured behind him and reinvents himself as a pragmatic businessman and family man at the Republican National Convention. News of small-scale terror plots on American soil, foiled or successful, keep voters in a state of anxiety. Trump minimizes his losses with Hispanics by running Spanish-language ads highlighting his support for a strong military and take-charge entrepreneurial attitude, especially in the Miami and Orlando media markets. He draws the starkest possible outsider-insider contrast with Hillary Clinton.”

Quelle: www.politico.com/story/2016/01/how-donald-trump-defeats-hillary-clinton-217868

Die Strategie der anderen Kandidaten ist hingegen immer auf eine relativ kleine Teilgruppe der republikanischen Wähler abgestimmt. Ted Cruz versucht, die Stimmen der Evangelikalen einzusammeln, Rand Paul die Stimmen der Libertären, Jeb Bush die Stimmen der weißen College-Mittelschicht, Marco Rubio die Stimmen der Latino-Mittelschicht. Während Cruz und Paul aufgrund ihrer Positionen kaum eine Chance haben, sind zumindest Rubio und Jeb Bush halbwegs ernst zu nehmende Konkurrenten.

Die ausgefallene Gegenkampagne

Warum akzeptieren die Republikaner Trump, wenn er doch so stark polarisiert? Die republikanische Elite hat sich bislang nicht eindeutig gegen ihn positioniert.

Zunächst darf man sich den Wahlkampf nicht als Projekt einer homogenen Gruppe republikanischer Strippenzieher, die ihren Kandidaten allein durch öffentliche Unterstützungen (Endorsements) und Geld (Super-PACs) durchsetzen können, vorstellen, selbst wenn die Wahl von Mitt Romney 2012 als republikanischen Präsidentschaftskandidaten diesen Eindruck machte. Nach acht Jahren Präsidentschaft von Obama versammelt die Grand Old Party viele, zum Teil drastisch divergierende Gruppen. Es gibt keine einheitliche republikanische Agenda. So unterstützen beispielsweise die Koch-Brüder, die als Geldgeber von klimawandelskeptischen und sehr unternehmensfreundlichen Kandidaten bekannt geworden sind, die Same-Sex-Marriage und befürworten Abtreibung. Ihre im Kern libertäre Agenda steht im offenen Konflikt mit vielen christlich-fundamentalistischen Forderungen anderer Kandidaten . Es ist unwahrscheinlich, dass sich hier ein Kandidat schon vor den Vorwahlen hätte durchsetzen können.

Hinzu kommt, das in den Augen der Gruppe der republikanischen Partei, die wohl noch am ehesten eine konzertierte Aktion gegen Trump koordinieren und finanzieren könnte, Trump eben kein Problem ist. Und auch aus Sicht der meisten anderen Kandidaten ist Trump er keines , vielmehr ist seine Kandidatur die beste Möglichkeit, ihre eigene Kampagne am Laufen zu halten, wie der Herausgeber von fivethirtyeightcom, Nate Silver, analysiert. „The campaigns competing against Trump are acting in their own narrow best interests, and not necessarily in the best interest of the Republican Party.

Anders andere Kandidaten: Ein Präsidentschaftskandidat Cruz könnte zur Folge haben, dass eine Reihe unsicherer Sitze der Republikaner im Kongress an die Demokraten fällt. Und Rubio ist aus der Sicht mancher Republikaner zu jung, zu konservativ, zu nahe an der Tea Party. „Rubio’s […] problem is that his voting pattern seems to be more anti-establishment than the average member of Congress.

Selbst das Argument, dass er die Latino-Wähler mobilisiere, ist nicht schlagkräftig genug, denn die Latino-Wähler leben überwiegend dort, wo die Mehrheit der Bevölkerung demokratisch oder republikanisch wählt. “Even if Latino and Asian/other turnout were to plummet to zero, Democrats would still win the Electoral College 283 to 255 — despite losing the popular vote by 2.1 percentage points. That’s because Latino and Asian voters are heavily concentrated in non-competitive states like California, New York and Texas.“

Der Einfluss der „Latinos“ wird in den nächsten Jahren steigen, reicht aber noch nicht aus. Rubio könnte jedoch als Vizepräsident kandidieren und dadurch helfen, Florida ins Trump-Lager zu holen und junge Wählerschichten zu mobilisieren – und Rubio scheint das auch durchaus zu planen.

Clinton und Trump haben beide ein Problem: Sanders

Trump wird wohl noch eine Weile im Rennen bleiben, selbst wenn er in Iowa und New Hampshire nicht gewinnt oder nur einen sehr schwachen Vorsprung hat, denn er kann sich gute Chancen für die folgenden Rennen ausrechnen. Kurioserweise ist gerade in New Hampshire Bernie Sanders sein größter Konkurrent. Dort leben viele Wähler, die sich als Independent registriert haben und sich jedes Mal neu entscheiden, ob sie bei den Republikanern oder bei den Demokraten in den Vorwahlen abstimmen wollen.

Sanders, der sich selbst als Sozialist bezeichnet, kann aufgrund seiner Herkunft aus Vermont davon ausgehen, dass er Stimmen von linken Akademikern und auch Nicht-Akademikern bekommen wird. Mit seiner konzernkritischen Position, die das ökonomische Selbstwertgefühl der Mittelschicht wieder herstellen will, ist er darüber hinaus für viele Wähler aus der Mittelschicht interessant. Er zieht Wähler auf sich, die sonst für Bush, Chris Christie oder Clinton gestimmt hätten.

Clinton ist wahrscheinlich die Kandidatin, die die größte Erfahrung für das Präsidentschaftsamt mitbringt. Vermutlich wäre sie eine sehr gute Präsidentin, die progressive Impulse setzen und die politischen Errungenschaften aus der Präsidentschaft Obamas verteidigen oder ausbauen würde. Clinton hat nur ein Problem: Im Grunde steht sie für ein „Weiter so, aber alles etwas besser!“. Wer auf ihre Webseite geht, wird dort eine sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit politischen Inhalten, aber keine Vision eines anderen Amerikas finden. Diese Botschaft funktioniert vor dem Hintergrund eines zuletzt sehr linken Präsidenten Obama kaum

Seit fast einem Vierteljahrhundert ist Hillary Clinton für die amerikanischen Wähler Teil des Politikapparats in Washington. Weder eine „Hope for Change“-Botschaft wie die von Obama noch „A future to believe in“ von Sanders könnte sie glaubwürdig verbreiten. Hillary Clinton hat visionäre politische Ziele, und die sind eng mit ihr als Person verbunden: Gleiche Löhne für Männer und Frauen und das Aufbrechen gläserner Decken in der Politik – aber daraus formuliert sie daraus keine gesellschaftliche Vision. Sie wird in ihrem weiteren Wahlkampf versuchen, die Frauen in Amerika an die Wahlurne zu bringen und auch sicherlich die Nominierung gewinnen. Sanders ist nicht Obama – und langfristig wird sich das auch zeigen. Clintons Kampagne von 2016 erinnert, trotz aller Beteuerungen, sehr stark an ihre Kampagne von 2008 : Progressive Politik für die Mitte Amerikas gekoppelt mit Erfahrung, Erfahrung, und Erfahrung. Erfahrung scheint aber in diesem Wahlkampf nicht die Massen zu mobilisieren.

Die Strategie von Trump gegen Clinton liegt auf der Hand

Trump macht kein Geheimnis daraus, wie er gegen Clinton gewinnen will. Seine Taktiken auf Twitter muten manchmal wie die eines Schulhofrüpels an.

Er versteht es, seine Gegner in Ecken zu drängen, aus denen sie kaum rauskommen. So verspottete er Bush als Kandidaten ohne Energie, der sich hinter seine Mama verstecken müsse. Wie soll ein Jeb Bush sich gegen diesen Vorwurf wehren, der ja auch einen Teil Wahrheit enthält?

Cruz zog er damit auf, ein unsicherer Kandidat zu sein, weil er in Kanada geboren ist – obwohl er eine amerikanische Mutter hat und als Amerikaner wählbar ist . Wie soll Cruz auf einen solchen unfairen Vorwurf antworten, ohne das Thema medial weiter hochzuspielen? Beides Mal das gleiche Muster: Trump attackiert nicht direkt, sondern legt nahe, dass die anderen Kandidaten ein Problem hätten.

Mit Clinton wird er ähnlich verfahren: Er wird ihr Dinge unterstellen, die wahr klingen, aber eigentlich keine Substanz haben und nicht relevant sind – außer eben für seine Unterstützer. Er wird ihr etwa den Vorwurf machen, dass sich ihr Mann frauenfeindlich verhalten hat. Bestenfalls wird sie das ignorieren. Er wird erklären, dass der Mail-Skandal sie als Präsidentin disqualifiziere. Er wird ihr unterstellen sie schaffe es nicht, den Sozialisten Sanders früh im Vorwahlkampf einzuholen. Immer wird er dabei ein Lächeln auf den Lippen haben, vielleicht ihr nebenbei ein Kompliment machen. Bedauerlicherweise wird es für Clinton nicht einfach sein, diese unsachlichen und sicher unfairen Methoden zu entlarven.

Geschichte wiederholt sich (manchmal)

Der Weg für Trump zur Präsidentschaft ist möglich und wird zunehmend leichter. Es könnte sein, dass er in einem Jahr auf der Treppe des Kapitols steht und den amerikanischen Amtseid schwört.

Ob ein Präsident Trump immer noch ein Alleinunterhalter ist, bleibt abzuwarten – John Tamny, der Kolumnist der Wirtschaftszeitung Forbes erinnerte die Wähler schon jetzt daran, dass die ökonomischen Realitäten des Landes für Trump-Anhänger (als auch für Sanders-Anhänger) zu einem politischen Kater führen könnten. Die Wähler in Iowa, New Hampshire und in den weiteren Vorwahlstaaten werden sich davon kaum beeindrucken lassen.

In gleichem Maße sollte man sich als Europäer nicht davon beeindrucken lassen, wie skurril der amerikanische Wahlkampf mitunter sein kann und mit welchen Argumenten man dort Erfolge einheimst.

1980 wurde auch jemand Präsidentschaftskandidat der Republikaner, der für seine Kampagne als Motto „Make America Great Again“ gewählt hatte. Auch er hatte eklatante Wissenslücken und einfache Politikrezepte in einer komplexen Welt. Auch er wurde von seinen eigenen Leuten – wie auch von den Demokraten – lange nicht ernst genommen.

Er hieß Ronald Reagan.

 


Im Dossier #Election2016 beschäftigt sich Carta mit den Kandidaten, Kampagnen und Konzepten von Demokraten und Republikanern. Wohin bewegen sich die Vereinigten Staaten von Amerika? Und welche Rolle wird Europa, wird Deutschland zukünftig spielen?

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