#Heidelberger Appell

Tiefer hängen! Das Abendland ist nicht in Gefahr

von , 28.4.09


250 Jahre lang wurde in Europa erbittert um die Frage gestritten, ob Christus beim Abendmahl in Gestalt von Brot und Wein tatsächlich vorhanden ist (Katholiken) oder ob die Kommunionfeier lediglich an das christliche Ereignis erinnert (Reformierte). Es war ein folgenreicher Streit –  aber es war ein Streit unter Gleichgesinnten.

Und damit zum Urheberrecht.

Das Urheberrecht ist ein famoses Gesetz, auf das wir wirklich stolz sein können Leider ergeht es ihm wie dem Grundgesetz. In der Praxis sieht vieles ganz anders aus. Die Würde des Urhebers ist eben nicht unantastbar. 

Auffallend am derzeitigen Streit ist, dass die konkreten Urheber-Interessen weitgehend ausgeklammert bleiben. Es streiten nämlich nicht die Urheber, es streiten die Verwerter der Urheber mit den Internetanbietern und Nutzern über die Köpfe der Urheber hinweg. 

Das heißt: Die Verlage, die derzeit die Werke der Urheber nutzen, streiten mit denen, die künftig die Werke der Urheber nutzen wollen. Deshalb geht der Streit auch nicht um die Wahrung der Kultur, sondern schlicht um die Verteilung des Kuchens. Es geht um die Nutzungsrechte.

Dass sich die Urheber in diesem Streit auf die Seite der Altmedien schlagen (siehe die Unterschriften von Schriftstellern und Journalisten unter den Heidelberger Appell), liegt allein daran, dass die Verlage immer noch die besseren Honorare zahlen und bessere Bedingungen bieten als die Internet-Anbieter oder die (bislang nicht für Mikropayment oder Flatrate-Gebühr erwärmbaren) Netznutzer. 

Was ist das Interesse der Urheber? Die Urheber möchten, dass das Urheberrecht überhaupt erst mal zur Geltung kommt. Dort steht z.B. in Paragraph 12: „Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist.“ Die Praxis sieht aber so aus: Die Altmedien diktieren alle Bedingungen des ob und wie (d.h. sie sichern sich das Recht der Nutzung ohne zeitliche, räumliche und inhaltliche Beschränkung). Die Neumedien (Online) können noch keine ausreichenden Honorare zahlen, und die Netznutzer scheinen zu glauben, dass die Urheber am liebsten umsonst arbeiten. 

Aus diesen Gründen ist der Streit ums Urheberrecht vor allem eins: verlogen.

P.S. Einen Großteil des Netzes betrifft diese Diskussion nicht. Denn für die meisten ist das Veröffentlichen ein Hobby (so wie es halt auch gedruckte Vereinszeitungen, Tagebücher oder Geburtstagsgrüße gibt). 

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.