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“The Big Lead”: Ein Dollar pro Leser

von , 7.6.10

Der amerikanische Medienmarkt hat in den letzten Tagen zum ersten Mal einen Kennwert produziert, der zeigt, wieviel Geld in dem jungen journalistischen Online-Format “Sportblogs” steckt. Über den genauen Preis wurde nicht viel bekannt. Die Beteiligten einigten sich darauf, nach außen von “low seven figures” zu sprechen. Das wäre irgendetwas zwischen einer und fünf Millionen Dollar. Oder umgerechnet ungefähr ein Dollar pro Nutzer.

Die Webseite trägt den okkulten Namen “The Big Lead” und wurde 2006 ganz nebenbei zusammen mit ein paar Freunden von einem Magazin-Journalisten auf die Beine gestellt, der damals bei der Klatsch-Postille US Weekly in Lohn und Brot stand. Deshalb arbeitete er anfangs auch mit Tarnkappe und outete sich erst nach zwei Jahren. Selbst während einer frühen Krise, die seine Seite auf einen Schlag berühmt machte, zog Jason McIntyre es vor, der große Unbekannte der Blogger-Branche zu bleiben.

Die Krise war nichts anderes als eine Attacke, die ein ESPN-Radiotalkmeister ausgelöst hatte, als im Ärger über die neuen kessen Sportblogs seine Hörer aufforderte, “The Big Lead” einen Besuch abzustatten. Er wusste, dass man mit einem Denial-of-Service-Attacke eine Internetseite fluten und dadurch mundtot machen kann. – Allerdings nicht für lange.

Ein paar Erfolgsmoleküle des täglichen McIntyre-Outputs:

  • Der Ton der Texte ist eine Mischung aus witzig, frivol und skeptisch, allerdings nicht so vergaggt wie bei der erfolgeichen Konkurrenz Deadspin.
  • Texte werden ab dem frühen Morgen gepostet. Die Seite verführt Dauerkunden dazu, mehrmals am Tag vorbeizuschauen. Denn im Verlauf von 24 Stunden gibt es zwischen zehn und 15 neue Beiträge.
  • Kommentarschreiber üben sich in sarkastischen Wortgefechten und wollen sich dabei ständig gegenseitig übertrumpfen.
  • McIntyre hat seine eigenen Quellen (vor allem in den Medien) kultiviert und lebt nicht nur vom Nachrichtenfutter der Agenturen und Zeitungen.
  • Jeder Tag beginnt mit irgendeinem Foto einer attraktiven Frau aus dem Showgewerbe und ein paar Verweisen auf nicht-sportliche Themen.
  • Jason McIntyre beschäftigt inzwischen eine Reihe von Bloggern, die ihm vor allem am Wochenende einen Teil der Arbeit abnehmen.

Der Käufer ist übrigens die Firma Fantasy Sports, die 15 Millionen Nutzer erreicht und eine ganze Reihe von Sport-Webseiten betreibt. McIntyre hatte von Anfang an davon geträumt, seine Neugründung eines Tages zu Geld zu machen. Vor allem, nachdem er mitbekommen hatte, dass die Medienseite mediabistro.com für 23 Millionen Dollar verhökert wurde. “Ich sitze jeden Tag 14 bis 15 Stunden am Computer. Ich musste eine Menge dafür aufgeben. Jetzt zahlt es sich aus.”

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