#Staatsquote

Eine Staatsquotenbremse für Deutschland

von , 20.11.09

Die öffentlichen Schuldenberge steigen unaufhörlich. Die sogenannte Schuldenbremse soll, falls sie überhaupt wirksam wird, die die Zukunft belastende Mittelbeschaffung des Staates über Kreditfinanzierung begrenzen. Dahinter steht der wohllöbliche Gedanke, dass die Bürger von morgen vor den Lasten des hemmungslosen öffentlichen Konsums von heute geschützt werden müssen. Anders gewendet: Die überhöhte Gegenwartspräferenz der heutigen Konsumgesellschaft muss zugunsten einer erhöhten Zukunftspräferenz des Sparens gesenkt werden.

Nachdem ihre Vorgängerregierungen der Schuldenexplosion freien Lauf gewährten, scheint auch die neue Bundesregierung diesbezüglich keinen signifikant abweichenden konzeptionellen Durchbruch zu versprechen: Das auf den Weg gebrachte sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist zuallererst ein expansives Ausgabenprogramm, das mit neuen Schulden finanziert wird.

Der Staat braucht Fesseln für sein Tun. Schuldenbegrenzung ist die eine. Sie ist notwendig, aber ist sie auch wirksam, also hinreichend? Immerhin kann ja der Staat, wenn er seine Ausgaben nicht reduziert oder gar erhöht, auf Steuerhöhungen ausweichen. Bei den „nicht merklichen“, also indirekten Steuern ist der Steuerwiderstand ja erfahrungsgemäß nicht so heftig. In Kombination mit zusätzlichen Schulden war dies die Strategie der schwarz-roten Vorgängerregierung.

Aber Steuererhöhungen widersprechen allen empirischen Erfahrungen, dass nämlich ein zusätzlicher Euro im staatlichen Budget von den Politikern und Beamten im Zweifel verschwenderischer ausgegeben wird als ein zusätzlicher Euro im privaten Budget, über das zumeist der spitze Rechenbleistift herrscht. Zudem gilt, dass ein Euro in privater Disposition mehr Innovation und Dynamik, also mehr Wachstum, entfaltet als ein staatlich verwalteter Euro. Das gilt grundsätzlich auch nach und trotz der Krise. In diesem Sinne sind Steuersenkungen prinzipiell willkommen.

Um bei Wirksamkeit der Schuldenbremse das Drehen an der Steuerschraube oder auch das Unterlassen von Steuersenkungen zu verhindern, müssen die Ausgaben begrenzt werden: Staatsausgabenbremse! Im Gegensatz zur Schuldenbremse lässt sie keine Ausweichmöglichkeiten zu und ist insofern wirksamer. Dies impliziert natürlich, dass Schattenhaushalte obsolet sind.

Wenn, wie dies heute üblich ist, Indizes und Quoten gefordert sind, die die konkrete Umsetzung und Durchsetzung dieser Konzeption politisch befördern, dann beinhaltet das Konzept der Staatsausgabenbremse die Fixierung einer maximalen Staatsquote. Diese verkörpert die Staatsquotenbremse, die in Deutschland so dringend vonnöten ist, um den Wildwuchs der Staatsaugaben einzudämmen.

Es gibt – ebenso wie bei der Schuldenbremse – keine objektiven Maßstäbe für eine maximale Staatsquote. Aber viele empirische Erfahrungen zeigen, dass es gut ist, wenn der Staat erheblich weniger als die Hälfte des Produktionspotentials einer Volkswirtschaft für sich beansprucht: etwa zwischen 35 und 40 %. In Deutschland liegen wir jetzt wieder bei rund 50%, also viel zu hoch.

Die Staatsquotenbremse bedeutet, dass die Zunahme der Staatsausgaben zunächst unterhalb des nominalen BIP-Wachstums bleibt. Dadurch sinkt die Staatsquote. Diese unterproportionale Staatsausgabenexpansion muss so lange durchgehalten werden, bis das anvisierte Staatsquotenmaximum erreicht ist. Danach können die Staatsausgaben gemäß dem BIP-Expansionspfad steigen oder – besser noch – auch darunter bleiben.

Es hilft alles nichts: Die Crux der Staatsschuldenexplosion in Deutschland indiziert zugleich das Dilemma der Staatsausgabenexpansion. Diese gilt es zu bremsen. Die dafür notwendige Installierung einer Staatsquotenbremse über die Fixierung einer maximalen Staatsquote bedeutet ein hartes politisches Geschäft, weil sie eine Barriere für die populistischen Aktivitätsfelder der Politiker enthält. Das aber darf kein Grund sein, die Staatsquotenbremse in Konzeption und praktischer Ausgestaltung nicht mit Nachdruck in den öffentlichen Diskurs und in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen.

Wenn die neue Koalition, wie sie vehement betont, die Zukunftsfähigkeit ihrer Politik, einer Politik der Wachstumsstimulierung, in den Fokus nimmt, dann kommt sie um ein neues Ausgabenmanagement der Staatsquotenbegrenzung nicht herum.

Dieser Gastbeitrag von Prof. Dr. Wolf Schäfer erschien zuerst bei Wirtschaftliche Freiheit – Ordnungspolitischer Blog.

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