#Abbuchung

SEPA-Begleitgesetz verabschiedet: Droht nun Trubel bei den Lastschriften?

von , 13.11.12

SEPA steht für Single Euro Payments Area und umfasst die Einführung neuer Verfahren für den EURO-Zahlungsverkehr, insbesondere für auf EURO lautende Lastschriften und Überweisungen. SEPA soll den EURO-Zahlungsverkehr günstiger und schneller machen. Im Grund handelt es sich bei der hier betrachteten Diskrepanz nur um ein Umsetzungsdetail. Das hat es allerdings in sich, vor allem, weil es weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, Verlage oder Spendenorganisationen hat: SEPA krempelt nämlich das in Deutschland besonders beliebte Lastschriftverfahren vollkommen um.

Aber der Reihe nach. Am vergangenen Donnerstag hat der Bundestag ziemlich unspektakulär in zweiter und dritter Lesung das SEPA-Begleitgesetz verabschiedet, siehe Video:

Zu der routinemäßigen Verabschiedung dieses Gesetzes, das zusammen mit einer entsprechenden EU-Verordnung weitreichende Änderungen für Banken und Unternehmen zur Folge haben wird, waren nur noch wenig Abgeordnete anwesend. Eine Aussprache fand nicht statt, einige Reden wurden zu Protokoll gegeben (siehe hier ab Seite 24963).

Die Umstellungen im EURO-Zahlungsverkehr betreffen alle Unternehmen und Verbraucher, die Bankkonten in den SEPA-Staaten führen und darüber in Euro zahlen. Wirklich bekannt, weil ausschnittweise durch die Medien vermittelt, sind die mit SEPA verbundenen Änderungen von Kontonummern und Bankleitzahl, die künftig IBAN und BIC heißen werden. Das ist jedoch trivial, denn die Musik spielt in den umfassenden Änderungen der in Deutschland sehr populären Lastschrift- und Abbuchungsverfahren.

Ich spare mir hier umfangreiche Details zu SEPA, weil es auf meinem Blog bereits einen Einführungsbeitrag dazu gibt, sowie meine Beitragsreihe auf CFOWorld über die Auswirkungen für Unternehmen (letzter Beitrag, weitere folgen). Wer tiefer einsteigen will, werfe einen Blick in meine Beiträge zum Lastschriftverfahren:

Ich wundere mich, dass es außer einem kurzen Proteststurm der Onlinehändler bisher ruhig geblieben ist in der Unternehmenswelt. Banken weisen nämlich in ihren Erklärungen (etwa der Commerzbank oder in den FAQ der Bank 1 Saar) und Checklisten (hier der GLS Bank) darauf hin, dass für gültige Lastschriften ab 1.2.2014 die unterschriebene Schriftform erforderlich ist. Die im Sommer aktualisierten “Bedingungen für den Lastschrifteinzug” sprechen von “schriftlicher Einzugsermächtigung” (Beispiel).

Gemeint ist: Das SEPA-Mandat muss vom Zahlungspflichtigen handschriftlich unterschrieben sein, und damit in Papierform beim Zahlungsempfänger vorliegen*. Das gilt auch für alle vor dem 1.2.2014 erteilten Lastschriften, die länger gelten.

Das ist gerade vor dem Hintergrund von per Mail oder Webformular erteilten Lastschriften eine Katastrophe für viele Unternehmen, Vereine, Verlage (für Abos) und Spendenorganisationen, wie wir auch in unserer Beratungspraxis erfahren. Unternehmen müssen ohnehin viel anpassen für die SEPA-Umstellung, und – nach der aktuellen Sichtweise – schriftliche Ermächtigungen nachträglich einholen. Unwahrscheinlich, dass dies bei allen Kunden, Vereinsmitgliedern und Spendern gelingen wird. Viele Zahler werden sich bei der Bitte um erneute schriftliche Auftragserteilung wohl fragen, ob die jeweiligen Zahlungen eigentlich noch notwendig sind. Das wiederum sollte die Alarmglocken bei den Unternehmen und Organisationen zum Sturmklingeln bringen.

Interessant ist nun, dass im Begleittext zum Gesetzentwurf ausdrücklich Stellung genommen wird zu diesen im Internet erteilten Lastschriften. (Nicht gemeint ist damit übrigens das Elektronische Lastschriftverfahren ELV des Handels, das noch bis 2016 gilt.) Der Gesetzgeber hat nämlich keine Probleme damit (siehe Auszug unten**). Der Bundestag sagt aber auch ausdrücklich, dass er die Regelung den Banken überlassen und nicht in deren Vertragsautonomie eingreifen wolle. Die Koalitionsfraktionen sind der Ansicht, die Banken in Deutschland sollten hier noch einmal überlegen, ob sie einen anderen Weg einschlagen. Rechtliche Bedenken dagegen bestünden insoweit nicht. Damit hat der Gesetzgeber den Schwarzen Peter eindeutig an die Kreditwirtschaft weitergereicht, die sich nun sehr zügig etwas einfallen lassen muss. Andernfalls setzt sie sich dem Vorwurf aus, unzumutbare Regeln vorzuschreiben und es komplizierter zu machen, als vom Gesetzgeber gefordert. Banken gehen außerdem ein hohes Rechtsrisiko ein, weil durch die Stellungnahme in der Gesetzesvorlage Klagen gegen die Schriftform eher erfolgreich sein könnten.

Ich bin sehr gespannt, ob es nun noch einmal eine Klarstellung gibt. Bleiben Bundesbank und Kreditwirtschaft bei der Sichtweise, dass handschriftlich unterzeichnete Formulare vorliegen müssen, dürfte es große Probleme mit via Internet erteilten Lastschriften geben, die über den 31.1.2014 hinaus zum Einzug ermächtigen sollten. Die wären dann nämlich nicht gültig, bzw. für sie gilt dann eine 13-monatige Rückgabefrist, ein unzumutbares Risiko für viele Zahlungsempfänger.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Unternehmen können sich angesichts der hier skizzierten Diskrepanz nicht zurücklehnen und darauf warten, dass die Banken reagieren. Mit der EU-Verordnung und dem SEPA-Begleitgesetz sind eindeutige rechtliche Grundlagen für die endgültige SEPA-Einführung ab 1.2.2014 geschaffen. Und selbst, wenn man das Thema Schriftform für Lastschriften ausklammert, bleibt durch das neue Verfahren viel anzupassen. Das von vielen Unternehmen geäußerte “Wir warten erst einmal ab” birgt gerade für große Unternehmen und Organisationen zu hohe Risiken.

Die Kreditwirtschaft könnte übrigens ihre Position mit dem Rulebook des European Payment Council (EPC) begründen, an das sie sich gebunden fühlt. Das Verfahren in Deutschland bewegt sich im Rahmen dieses internationalen Regelwerks. Im Rulebook gibt es allerdings keine Regel, die eindeutig ein handschriftliches SEPA-Mandat vorsieht. Für E-Mandate gelten aber schärfere Regeln (siehe z.B. hier), als für eine einfache Erlaubnis per E-Mail.

In einer vom Bankenverband am Freitag verbreiteten Stellungnahme geht die Deutsche Kreditwirtschaft nicht explizit auf das Problem ein.

 


Dokumentation und Quellen

* Denkbar ist wohl auch eine elektronische Unterschrift, aber, so schreibt die VR Bank München Land in einer Erläuterung, die SEPA Verfahrensbeschreibungen sähen lediglich papierhafte Mandate sowie E-Mandate vor. Andernfalls drohen unautorisierte Lastschriften mit 13-monatigem Rückgaberecht für den Zahler. Auf der FAQ-Seite der Deutschen Bundesbank ist zu lesen:

“Grundsätzlich sind Einzugsermächtigungen, die nicht in Schriftform vorliegen (z.B. telefonisch oder per Internet erteilte Einzugsermächtigungen), nicht SEPA-fähig. Ein Lastschrifteinzug ohne Mandat ist eine unautorisierte Lastschrift, d.h. eine unautorisierte Kontobelastung, kann vom Zahler innerhalb von 13 Monaten nach der Kontobelastung zurück gegeben werden.”

Auch die Fragen und Antworten zur Weiterentwicklung des Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens auf einer gemeinschaftlichen Website der Deutschen Kreditwirtschaft sind in Ziffer 7 eindeutig:

“Mit einer neu aufgenommenen Regelung zum SEPA-Basislastschriftverfahren wird dem Zahlungsempfänger die Möglichkeit eingeräumt, bestehende Einzugsermächtigungen für die SEPA-Basislastschrift zu verwenden. Dabei gelten folgende Voraussetzungen:

  • Der Zahler muss dem Zahlungsempfänger eine schriftliche Einzugsermächtigung erteilt haben, da das SEPA-Basislastschriftregelwerk ein schriftliches SEPA-Lastschriftmandat vorschreibt.”

Ob ‘Schriftform’ hier heißt, in Textform oder handschriftlich unterzeichnet, wird nicht klargestellt.

** Genau anders steht es in den Erläuterung der Gesetzesvorlage im Punkt V., “Beratungsverlauf und der Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss”:

“Hinsichtlich der Frage der telefonisch erteilten Lastschrift und der Internetlastschrift stellten die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP klar: Nach der SEPA-Verordnung und auch nach dem Inkrafttreten des SEPA-Begleitgesetzes könnten weiterhin wirksame Lastschriftmandate im Internet erteilt werden.

Bestimmte Anforderungen an die Form dieser Doppelweisung, wie z.B. die Unterzeichnung eines Lastschriftbelegs aus Papier, würden weder durch die SEPA-Verordnung noch durch die deutsche Gesetzeslage (einschließlich SEPA-Begleitgesetz) vorgegeben.

Telekommunikative Übermittlung erfordere mindestens die Einhaltung der Textform des § 126b BGB. Sei das Lastschriftmandat also beispielsweise mittels E-Mail erteilt, genüge dies im Zweifel den Anforderungen.”

In den Erläuterungen zur Vorlage steht aber außerdem:

“Eine gesetzliche Verpflichtung der Banken, im Internet erteilte Einzugsermächtigungen weiterhin einzulösen könnte als Eingriff in die Vertragsfreiheit zu werten sein, der einer besonderen Rechtfertigung bedürfte, zumal bei einer solchen Regelung ggf. auch die Verbraucherinteressen zu berücksichtigen wären (z.B. Missbrauchsgefahr bei ungeschützter Verwendung von Bankdaten im Internet).

Siehe zu der Thematik auch die Rede des in Finanzkreisen anerkannten Abgeordneten der Grünen, Dr. Gerhard Schick, der genau die hier besprochene Thematik in seiner Rede aufgegriffen hat:

“Ich möchte kurz auf das Thema Internetlastschriften eingehen. Im Laufe der Beratungen hatten sich Endnutzer besorgt gezeigt, dass das Lastschriftverfahren im -Internet nach der SEPA-Verordnung mit Ablauf der nationalen Regelungen bereits zum 1. Februar 2014 zu entfallen drohe. Nach Auffassung der Koalitionsfraktionen können allerdings sowohl nach der SEPA-Verordnung als auch nach dem Inkrafttreten des SEPA-Begleitgesetzes wirksame Lastschriftmandate im Internet weiterhin erteilt werden. Die Banken in Deutschland sollten nach Auffassung der Koalitionsfraktionen das Internetlastschriftverfahren ohne Schriftform auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Kunden oder in ähnlicher Weise gewährleisten.

Verstehen kann ich hier jedoch die Unklarheit und die Unsicherheit aufseiten der Nutzer über die Zukunft der Internetlastschrift vor dem Hintergrund, dass die deutsche Kreditwirtschaft nach Auskunft des Handelsverbandes Deutschland e. V. gemäß ihrer Inkassobedingungen ausschließlich papierhafte Mandate bei der SEPA-Lastschrift akzeptiert. Es bleibt zu hoffen, dass das bei Verbraucherinnen und Verbrauchern beliebte Bezahlen mittels Internetlastschrift nicht durch andere, in der Regel teurere Zahlungsweisen (beispielsweise Kreditkarte) ersetzt werden muss. Und auch mit Blick auf das elektronische Lastschriftverfahren möchte ich nochmals -betonen, dass es insbesondere Aufgabe der deutschen Kreditwirtschaft ist, die Entwicklung eines dem elektronischen Lastschriftverfahren vergleichbaren Nachfolgeproduktes aktiv voranzutreiben.”

 

Crosspost von Blick Log. Weitere Links zum Thema gibt es hier.

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