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100 Tage Seehofer: Bayern, hört die Signale!

von , 19.1.09

100 Tage ist Horst Seehofer mittlerweile im Amt. So lange schon? Noch nicht ganz, aber weil sich 100 besser anhört als 85 Tage, lud der Münchner Presseclub schon zwei Wochen vorher zum Bilanzieren über die ersten 100.  Dort zeigte sich Seehofer heute gelöst und zufrieden. Mit gespielt souverän staatsmännischem Grinsen: Am Wochenende noch im Blitzlichtgewitter mit Bond — heute schon bayerischer Nieselregen mit Söder, Hohlmeier und der Bayern-FDP. Fast nichts ist schöner, als Bayern zu regieren.

Alles neu oder zumindest vieles anders – so sollte die CSU-Politik nach der verlorenen Landtagswahl werden. Der aus der Bundesregierung nach München reimportierte Ministerpräsident schien das verstanden zu haben: Regieren in Bayern sollte jünger und weiblicher, mit mehr Diskussion und mehr Kritik auch lebendiger werden. Seehofer überraschte mit seiner Regierungserklärung, versuchte es allen Recht zu machen.

So einfach kommt der bayerische Ministerpräsident aber aus dem traditionellen Postengeschacher und dem regional verwurzelten Misstrauen innerhalb der CSU nicht heraus. Inhaltlich konnte er bisher nur wenig Akzente setzen. Deshalb werden vor allem zwei angebliche Neuerungen aus seiner noch jungen Zeit an der Spitze der kleinen Union hervorgehoben.

Erstens: Bayern will wieder gehört werden – in Deutschland, Europa und der Welt. Ende Oktober gesprochen, schon drückten die Bayern aufs Tempo, richteten die Megafone auf Berlin aus und forderten Steuersenkungen und ein klares Koalitionsbekenntnis für die Bundestagswahl zugunsten der Liberalen. Die dialektgefärbten Forderungen aus dem Süden stießen manchem CDUler in Berlin auf, Seehofer meinte, der Union wieder ein klares Profil geben zu müssen. Sein Verhältnis zur Kanzlerin sei von den lautstarken Forderungen aus München dabei nicht belastet worden: „Das was bei mir als Querulantenstil abgetan wird, ist meine Art von Politik“, sagte der CSU-Vorsitzende

Die zweite Neuerung, die Seehofer gerne betont, ist der Wandel des Regierens, das Miteinander und der Dialog mit dem Wähler Bürger, mit einigen jungen Kabinettsmitgliedern und Kandidatinnen bei der Europawahl. Mit viel Signalkraft, bisher jedoch wenig Tiefenwirkung.

Doch die Schatten der Landtagswahl wollen nicht vergehen: Der Wähler mag die CSU nicht mehr so recht. Dabei ist das doch gerade jetzt wichtig – für die Europawahl. Um ins EU-Parlament einzuziehen muss die CSU bundesweit über fünf Prozent kommen.

Für verfilzt und unglaubwürdig wird die CSU gehalten, so eine studentische Politikberatungsstudie. Dies trifft den Kern von Seehofers Anliegen, der seine Partei als dynamisches, bayernnahes Sprachrohr positionieren will. Alles nur schöner Schein mit schneller Signalwirkung an die Wähler? Erst nach der Europawahl wird sich zeigen, ob Seehofer ernsthaft eine Erneuerung der Partei betreibt und das Rotationsprinzip der vergangenen Jahre auch unterbrochen wird, oder ob es nach drei bayerischen Ministerpräsidenten in drei Jahren gleich einen Vierten gibt.

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