von Redaktion Carta, 1.4.12
Die Kioskverkaufszahlen der „großen“ deutschen Wirtschaftsblätter sind so winzig, dass man Angst haben muss, aus Versehen drauf zu treten. Und die Zahl der „Sonstigen Verkäufe“ (Bordexemplare, Lesezirkel etc.) liegt nicht selten über der Zahl der regulären Abonnements. Die Financial Times Deutschland z.B. (FTD) zählte zuletzt rund 45.000 Abonnenten und 3.700 Kioskkäufer. Auf Dauer genügt das nicht. Und das ist schade, denn die FTD ist die einzige deutsche Wirtschaftszeitung, die in ihrer Berichterstattung und Kommentierung nicht komplett auf eine neoliberale Sichtweise setzt. Vermutlich ist der zarte Keynesianismus der FTD aber trotzdem nicht der Grund für das auffallende Lachsrosa des verwendeten Zeitungspapiers.
Nun denkt man bei der FTD offenbar darüber nach, den Papierverbrauch in Zukunft zu reduzieren (was ja nahe liegt). Das könnte bedeuten, dass die Zeitung künftig nur noch einmal pro Woche erscheint, dafür aber rund um die Uhr von einer Online-Ausgabe flankiert wird (siehe Modell Freitag). Steffen Klusmann, der Sprecher des Chefredakteurskollegiums der G+J-Wirtschaftsmedien, hatte dazu in einem Interview mit dem Portal Horizont eine Bemerkung fallen lassen, die das neoliberale Handelsblatt – der direkte Konkurrent der FTD – als Galgenhumor interpretierte: „Am Wochenende eine gedruckte Zeitung, und an den Werktagen tägliche Tablet-Ausgaben – klingt fast nach einem Plan“.
Natürlich weiß (fast) jeder in der Branche, dass es in diese Richtung laufen wird. Das Wall Street Journal macht es gerade vor. Doch der Verlag Gruner & Jahr sah sich sofort bemüßigt, den Bericht des Handelsblatts zu dementieren. An den Gerüchten über eine ‘Flucht ins Internet’ sei absolut nichts dran.
Abwarten und Tee trinken.